Rose Kizler hat über ihre Erfahrungen im Ausland berichtet. Foto: Werner Kuhnle

Wie kompliziert es ist, hoffnungsfroh in die Zukunft zu blicken, erklärt die Hebamme Rose Kizler.

Mundelsheim - Rose Kizler weiß wovon sie redet: die erfahrene Hebamme hat nicht nur zahlreichen Kindern dabei geholfen, das Licht der Welt zu erblicken, sie hat zudem prägende Erfahrungen im Ausland sammeln können, genauer gesagt am Horn von Afrika. Dort engagiert sich die gebürtige Mundelsheimerin für Flüchtlinge aus dem Jemen und setzt sich unter anderem für die Aus- und Weiterbildung einheimischer Hebammen ein. Obendrein hat sie realistische Einblicke in die Kultur und in die Denk- und Verhaltensweisen nicht nur der Geflüchteten, sondern auch der Menschen in Dschibuti bekommen, die den Flüchtlingen nicht immer offen gegenüber stehen.

Am Dienstagabend war Rose Kizler in ihre Heimatgemeinde gekommen, um im Bürgerhaus auf Einladung der Mundelsheimer Bürgerstiftung von ihren beeindruckenden Erfahrungen in Dschibuti zu berichten. Denn der östlichste Teil des afrikanischen Kontinents, zu dem Somalia, Äthiopien, Dschibuti und Eritrea gehören, ist besonders geprägt vom Kampf ums Überleben.

Dort hat die 52-Jährige zuletzt von Januar bis September 2017 im Flüchtlingslager gearbeitet. Die Ziele ihres helfenden Einsatzes definierte die Hebamme aber nicht allein über die Geburtshilfe und die Ausbildung von Hebammen. „Wichtig war mir zudem, dass man diesen Menschen mit Würde und Respekt begegnet“.

Der authentische Bericht war jedoch nicht allein Vortrag. Auf intelligente Art motivierte sie die große Besucherschar, die den Saal komplett füllte, sich mit eigenen Gedanken der Flüchtlings-Problematik zuzuwenden. Geschickt gelenkte Fragen und die Moderation der Publikumsantworten brachten die Zuhörer Schritt für Schritt tiefer in das Geschehen vor Ort, wo die politische Gemengelage dazu führt, dass Jemeniten ihrem eigenen Land den Rücken zukehren. Mit der Frage: „Was fällt Ihnen zu Somalia, Dschibuti und Eritrea ein?“, hatte die Vortragende die Besucher rasch in einen anregenden Austausch untereinander verwickelt, der offenlegte, weshalb Dschibuti, eines der heißesten Länder der Erde, überhaupt als Sehnsuchtsort für jemenitische Flüchtlinge infrage kommt.

Als genaue Kennerin der Situation im Camp de Markazi schilderte Kizler konkret die Lebenssituation der Geflüchteten, die häufig Probleme allein beim Handyladen haben. Doch nicht nur die Versorgung mit Strom ist schwierig; es gibt kein fließendes Wasser und die Aus- und Weiterbildungssituation ist ebenso miserabel, wie die Beschäftigung, weil die Araber zumeist kein Französisch sprechen, wie in dem afrikanischen Land üblich. Eine unzureichende Verpflegung reicht weiteren Herausforderungen die Hand: Dazu zählt der Umgang mit der Freiheit in einem säkularen Staat, der auch Drogen, Alkohol und das unkomplizierte Verhältnis der Geschlechter umfasst. Dazu kommen der Wegfall der sozialen Kontrolle, die das muslimische Heimatland ausübte sowie die schwierigen Gehversuche beim ersten Schritt aus dem Lager heraus, die Kizler ebenso anschaulich und nachempfindbar schilderte wie die Fassungslosigkeit der Flüchtlinge gegenüber nicht erfüllten Erwartungen oder Demütigungen durch Einheimische. Ein beVerhalten, das zu akzeptieren Kizler besonders schwerfiel. Einen positiven Ausblick gab die Rednerin im Zusammenhang mit zahlreichen Aktivitäten und Angeboten für die Flüchtlinge im Lager, die den Menschen Hoffnung und sinnvolles Tun ermöglichen. Darunter fallen Sprachkurse oder etwa Nähkurse, deren Ergebnisse sogar vermarktet werden.