Lara Appl und Alina Horn wohnen seit einem knappen Jahr zusammen. Foto: Werner Kuhnle

Die Karlshöhe Ludwigsburg betreut ein Wohnprojekt, bei dem Inklusion tagtäglich gelebt wird.

Marbach - Ehrlich gesagt, wussten wir vorher nicht so genau, was wir überhaupt erzählen sollen“, räumt Lara Appl im Gespräch direkt ein: „Unsere WG ist für uns nämlich ganz normal.“ Und genau das ist die Intention des Wohnprojektes der Karlshöhe Ludwigsburg. Dabei werden Zimmer in Wohngemeinschaften sowohl an Menschen mit Assistenzbedarf als auch an sonstige Wohnungssuchende vermietet. Diese Kombination gebe es natürlich auch in anderen Städten, erklärt Jan Winkler, der die pädagogische Leitung des Projekts innehat. Oftmals fielen dabei dann aber den Mitbewohnern Betreuungsaufgaben zu. Das ist in Marbach aber nicht der Fall – was in dieser Form „recht einzigartig“ sei.

„Unser Ziel ist es, ein Miteinander auf Augenhöhe zu schaffen“, erklärt Winkler. Übernimmt der Mitbewohner nämlich die Betreuung, hebe ihn das automatisch auf eine andere Stufe. Das habe man unbedingt vermeiden wollen. Generell sei das Ziel des Wohnprojekts, ein eigenständiges Leben zu ermöglichen. „Frau Horn hat etwa einen eigenen Mietvertrag“, so Winkler. Sei sie mit der Betreuung durch die Karlshöhe nicht zufrieden, könne sie deren Assistenz auch kündigen, aber dabei trotzdem in ihrer Wohnung bleiben.

Das Geld für die Miete bringe sie auch selbst auf. „Ich arbeite in der Küche beim AWO Pflegeheim“, erzählt Alina Horn. Auch Rathausgänge erledige sie, soweit es geht, selbst. Nicht selbstverständlich, wie Jan Winkler in der Vergangenheit schon feststellen musste: „Für Menschen mit einer geistigen Behinderung ist es leider fast eine Unmöglichkeit, eine Wohnung zu finden.“ Umso mehr freue es ihn, dass man in der Schillerstadt nun einen Vermieter gefunden hat, der hinter dem Projekt stehe: „Wir haben mehr als zwei Jahre gesucht.“ Auch auf dem Rathaus nehme man sich immer Zeit für die Bewohner. „Wir haben uns sehr willkommen gefühlt“, erklärt Winkler.

In der Marktstraße leben mittlerweile sieben Personen in drei Wohnungen. Und auch in anderen Städten existieren solche Wohngemeinschaften beziehungsweise sind ähnliche Projekte in der Planung. Meist habe man nur gute Erfahrungen mit dieser Wohnform gemacht. „Für manche Bewohner ist es aber hart“, so Winkler. „Denn im Zusammenleben erfahren sie oft erst, wie massiv ihre Einschränkungen dann tatsächlich sind.“ Trotz dieser Krisen habe es aber bisher keinen gegeben, der wieder aus den Wohngemeinschaften „raus wollte“, freut sich Jan Winkler.

Und auch für Lara Appl und Alina Horn gibt ganz klar keine bessere Alternative. „Für eine Studenten-WG ist es hier ideal“, schwärmt Lara Appl. Große Zimmer in bester Lage mit Blick auf das Rathaus. Eine eigene Spülmaschine, und neben der Dusche gibt es auch eine Badewanne. „Das ist der reinste Luxus“, so die 20-Jährige. Sie hatte das Angebot im Internet, als sie vor einem Jahr auf Wohnungssuche war, gefunden. Also kam sie kurzerhand zur Besichtigung.

Die Sympathien beruhten dabei auf Gegenseitigkeit. „Ihre vorherige Mitbewohnerin war nur selten zu Hause, und das hat Alina ein wenig gestört“, erinnert sich Lara Appl zurück. Das läuft bei der Mädchen-WG der beiden anders. „Wir gehen oft zusammen weg und kochen auch gemeinsam.“ In die Quere komme ihnen nur, dass ihre Tagesabläufe oft sehr verschieden sind. „Es ist abartig, wie früh Alina raus muss“, meint Lara mit einem Schmunzeln. Ihr Wecker klingle oft um 5 Uhr, weil sie mit den Öffentlichen nach Ludwigsburg fahren muss. Die Vorlesungen von Appl – sie besucht die Pädagogische Hochschule – stehen aber oft am Abend an. Und wenn es Probleme gibt, stehe ja die Karlshöhe als Ansprechpartner bereit. Die erste eigene Wohnung „für Anfänger“, kommentiert Appl schmunzelnd.