Veganes Kürbisgulasch, Flammkuchen oder Maultaschennuggets? Auf dem Holdergassenfest 2018 hatten die Besucher die Qual der Wahl. Foto: avanti

Besucher aller Generationen haben am Wochenende beim Holdergassenfest gefeiert.

Marbach - Veganes Chili, Flammkuchen oder Maultaschennuggets? Schlager, Rock oder Punkmusik? Holdergassenlimo, Honigmet oder Trollinger? Auf dem Holdergassenfest am vergangenen Samstag und Sonntag hatten die Besucher die Qual der Wahl. Das vielseitige Angebot war sicher auch einer der Gründe, warum so gut wie alle Altersgruppen bei der achten Auflage des Festes vertreten waren.

Zu den jüngeren Gästen gehörten Emma und Paula, die am Samstagabend in der Mittleren Holdergasse ihre alten Spielsachen verkauften. Die Zwölf- und die Elfjährige waren zufrieden mit dem Umsatz. „Das Holdergassenfest ist einfach toll“, schwärmte Emma, „immer wieder laufen uns Mitschüler über den Weg.“ Ob die beiden allerdings bis zum Ende um 24 Uhr draußen bleiben durften, hatten sie zu dem Zeitpunkt mit ihren Eltern noch nicht abschließend geklärt.

Für andere geht der Abend normalerweise erst gegen 24 Uhr so richtig los. Zwei junge Erwachsene aus Marbach waren mit ihrer Clique unterwegs und ärgerten sich über die für sie frühe Schließzeit: „Es wäre super, wenn in den Kellern länger gefeiert werden könnte“, monierte der eine. „So wie es jetzt ist, ist es eben ein gemütliches Fest zum Vierteleschlotzen“, gab der andere zu bedenken, „aber zum Partymachen kommt man eher nicht nach Marbach.“

Die beiden stellten sich an der langen Schlange beim Stand der Familie Ibrahim in der Unteren Holdergasse an. Dort verkauften die Familienmitglieder Falafel und Couscous. Der Erfolg des Standes übertraf Schirien Ibrahims Erwartungen: „Es läuft super!“ Die libanesische Familie wohnt seit 20 Jahren in der Holdergasse, war dieses Jahr aber zum ersten Mal dabei. „Wir lieben diese Veranstaltung“, erklärt die junge Frau, „dieses Jahr wollten wir auch endlich mal mitmachen und mit unseren tollen Nachbarn das Fest auf die Beine stellen.“

Zum ersten Mal verkaufte dieses Jahr auch die Studenten-WG in der Oberen Holdergasse 10. Lisa Czarkewsky, Janika Seidel und Angelo Rollo bereiteten Kartoffelschnitze mit verschiedenen Dips zu. Außerdem schenkten sie selbstgemachte Limonade aus. Die Vorbereitung auf das Wochenende hatte viel Freizeit gefressen. „Wir haben in den Semesterferien unter anderem eine Hygieneschulung gemacht“, erzählt Lisa Czarkewsky. Was die Resonanz angeht, hätte nach Meinung der WG-Bewohner aber durchaus noch mehr los sein können.

Zwei Frauen standen in der Zwischenzeit unschlüssig mit einer Plan der Holdergassen herum. Die beiden Benningerinnen hatten es sich schon seit Jahren vorgenommen, einmal zum Fest über den Neckar zu kommen. Dieses Jahr klappte es nun endlich. „Der Abend wird auf jeden Fall super werden“, waren sich die beiden sicher, „die Marbacher Altstadt ist so schön, da muss man sich einfach wohlfühlen“.

Doch kuschelig geht es auf dem Fest nicht überall zu. Am Stand der Familie Leßmann/Möbius gibt es „Krach vom Dach“ mit der Streetpunk-Band Roadblocks. Die vier Männer aus Heidelberg und Ludwigsburg wollen mit ihrer Musik ein Zeichen gegen Rechts setzen und hatten den Balkon der Familie mit politischen Plakaten behängt. Über die Stimmung auf dem Fest waren sie sehr erstaunt, wie Kevin zugab: „Wir waren skeptisch, als wir hier angekommen sind. Das Fest wirkt ja doch eher gemütlich. Die Leute gehen aber gut mit, das hat von uns keiner erwartet.“ Auch wenn sie davor noch nie auf dem Holdergassenfest gewesen waren, hatten sie Jörg Möbius sofort zugesagt, als dieser sie vor einigen Monaten anfragte.

„Klar, ist nicht jede Musik jedermanns Sache“, erklärte ein älterer Besucher aus Erdmannhausen auf die Frage, wie er die Stimmung auf dem Holdergassenfest einschätzte. „Aber wo Musik ist, ist es lebendig und das ist wichtig für eine Stadt wie Marbach. Junge und Alte können hier zusammen feiern. Deshalb versuche ich, jedes Jahr wiederzukommen.“ Im Übrigen gefalle ihm die Atmosphäre viel besser als die auf dem Marbacher Straßenfest.

Waren am Anfang noch mehr Keller dabei gewesen, so waren es dieses Mal nur noch drei. Unter ihnen: Peters Mostkeller, wo es unter anderem Cidre und Krautschupfnudeln gab. Der Keller war bis jetzt in jedem Jahr dabei und es war am Samstagabend schwer, ein Plätzchen zu finden. Für Frank Dalferth ist es eine gute Tradition beim Ausschank zu helfen: „Die Resonanz wird von Jahr zu Jahr besser. Die Leute respektieren einander, die Atmosphäre ist toll!“ Gleichzeitig dankte auf diesem Wege der Stadtverwaltung, dass sie eine solche Veranstaltung überhaupt erst ermögliche.

Für die künstlerische Komponente des Festes war unter anderem Ferdinand Sorg zuständig. Der 24-Jährige hatte sich im Vorfeld einen Tag Zeit genommen und verschiedene Facetten der Holdergassen fotografiert. In der WG seiner Freunde in der Oberen Holdergasse 5 stellte er die Fotos aus. Das Holdergassenfest hält er „für eine ziemlich geile Idee“. Er bedauert allerdings, dass in dem Keller seiner Freunde wegen den hohen Auflagen keine Live-Band auftreten durfte.

Während am Sonntagmorgen der ein oder andere Festbesucher sicher noch schlief, war vor der Ölmühle Jäger schon einiges los. Zusammen mit dem Unternehmen Jucker, das die Kürbisausstellung im Blühenden Barock Ludwigsburg veranstaltet, hatte Fritz Jäger Kürbisse vor der Mühle aufgebaut. Dazu gehörte auch ein großes Känguru, das extra für das Wochenende aufgestellt wurde. Die kleinen Gäste konnten unter Anleitung Kürbisse schnitzen und die älteren an Führungen durch die Ölmühle teilnehmen. Fritz Jäger freute sich sehr über das Interesse der Besucher. Besonders begeistert war er von Rainer und Manfred Widler, die den Besuchern zeigten, wie Öl gepresst wird.