So zeigt sich das Hubl-Areal von der Landesstraße aus. Foto: Phillip Weingand

Das so genannte Hubl-Areal liegt derzeit ungenutzt am Neckar. In Marbach ist eine Diskussion darüber entfacht, ob das Gelände gewerblich oder als Wohnfläche genutzt werden soll.

Marbach - Bis vor wenigen Jahren wurde in der Gerberei Ernst & Meißner an der Landesstraße 1100 noch produziert. Doch seitdem Inhaber Dieter Hubl die Produktion eingestellt hat, liegt das zwischen Neckar und Landesstraße eingebettete Gelände brach. Ein Schandfleck, den der Vorsitzende des Stadtmarketingvereins, Rainer Krause, lieber heute als morgen beseitigt hätte.

Wann die Industriebrache tatsächlich abgerissen wird, steht im Moment nicht fest. Doch der Kreis der Interessenten für das Grundstück, das der Stuttgarter Unternehmer Peter Hartwiger vor rund zwei Jahren erworben hat, ist größer geworden. Nicole Schmidt, Mark Scheuerle und Paul Moreau möchten unter dem Titel „Wohnen und Arbeiten am Neckar“ gemeinsam auf dem Hubl Areal neuen Lebensraum erschließen. In dem abgeschlossenen Quartier sind 46 Wohneinheiten, etwa 3000 Quadratmeter Gewerbefläche, Gastronomie, Einzelhandel, eine Kindertagesstätte sowie rund 70 Parkplätze geplant. „Wir haben die vom Stadtmarketing angestoßene Diskussion der Anbindung des Neckars verfolgt und sind der Ansicht, dass unser Projekt sich sehr gut dafür eignet“, ist Mark Scheuerle überzeugt. Dabei gehe es ihm und seinen Partnern nicht um Gewinnmaximierung, sondern darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. „Wir hoffen, dass wir deutlich unter den üblichen Quadratmeter-Preisen bleiben können.“

Das parkähnliche Neckarufer lädt laut Scheuerle zum Abschalten und Genießen in der Natur ein. „Lebensqualität und Komfort sind vereint.“ Eine Komponente des Konzeptes ist das Freilegen des Eichbaches. Der Gedanke der Nachhaltigkeit spiele eine große Rolle, betont der Marbacher. Ebenso wie eine Durchmischung der Altersgruppen und sozialen Schichten in dem Gebiet. Die barrierefreien Wohneinheiten, die zwischen 45 und 200 Quadratmeter groß sein sollen, sind zum Neckar hin geplant, das Gewerbe soll sich an der Landesstraße ansiedeln. Handwerker, Kleingewerbe, Ärzte, Heilpraktiker. „Es gibt viele denkbare Varianten“, betont Mark Scheuerle, der mit verschiedenen Investoren in Kontakt ist.

Dass der Lärmschutz ein „heißes Eisen“ ist, sei ihnen bewusst, erklärt Scheuerle. Durch die Lärmschutzmaßnahmen gelinge es jedoch, die Situation so zu gestalten, dass der Lärm nicht mehr als Belastung wahrgenommen werde. Die Gewerbeeinheiten sollen mit einer besonders Schall absorbierenden Fassade ausgestattet werden. Darüber hinaus ist ein transparenter Schallschutz vorgesehen. Richtung Naturschutzgebiet im Westen ist ein natürlicher Lärmschutz geplant. „Die Wohneinheiten sind dadurch vom Verkehrslärm nahezu abgetrennt.“

Was die Anbindung, des autarken Quartiers an die Innenstadt angeht, verweisen die Planer auf eine Signalanlage. Sie gewährleiste die sichere Überquerung der Straße. Außerdem sei die etwa 900 Meter entfernte Innenstadt, in wenigen Gehminuten zu erreichen. Darüber hinaus sei direkt neben dem Areal eine Bushaltestelle geplant und auch der bisher als Trampelpfad genutzte Weg zwischen der L 1100 und dem Lenauweg soll im Zuge der Bebauung neu gestaltet werden, heißt es im Exposé.

Ein Exposé, mit dem die Marbacher Ende vergangenen Jahres auf den Eigentümer des Areals zugegangen sind. Auch die Stadtverwaltung ist in Kenntnis gesetzt. Im Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) am vergangenen Donnerstag ist über das Vorhaben diskutiert worden – allerdings hinter verschlossenen Türen. Und es deutet, zumindest im Moment, vieles darauf hin, dass Scheuerle und seine Partner das Konzept an diesem Standort nicht verwirklichen werden können. „Das Signal der Ausschussmitglieder ist so, dass Sie an der Nutzung, die im Flächennutzungsplan vorgesehen ist, festhalten wollen – und die sagt: Gewerbe ja, Wohnen und Einzelhandel nein“, erklärt Bürgermeister Herbert Pötzsch auf Anfrage unserer Zeitung und macht keinen Hehl daraus, dass auch die Verwaltung an der Stelle, nämlich an einer Straße, an der täglich mehr als 20 000 Fahrzeuge unterwegs sind, keine Chance für Wohnbebauung sieht. „Wir haben da unten eine Lärmbelastung von mehr als 70 Dezibel und darüber hinaus ist die Anbindung an die Infrastruktur der Stadt schlecht“, gibt Pötzsch die K.-o.-Kriterien wider.

Auch der Eigentümer des Grundstücks, Peter Hartwiger, setzt ein Fragezeichen hinter die städteplanerische Sinnhaftigkeit des Vorhabens. Persönlich stehe er dem Konzept des Marbacher Trios nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, allerdings sei er in Verhandlungen mit einem Käufer, der dort eine Tankstelle bauen möchte. Darüber hinaus sei die Ansiedlung von Betrieben mit „autoaffiner Nutzung“ geplant. „Das kann beispielsweise ein Reifenhandel, eine Waschanlage, ein kleiner Autohändler sein.“ Zum jetzigen Zeitpunkt habe er keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass das seit dem Kauf vor zwei Jahren forcierte Vorhaben – das Ansiedeln einer Tankstelle – nicht umgesetzt werden könne. „Die Signale seitens der Stadt waren immer positiv.“ Sollte das Konzept „Wohnen und Arbeiten am Neckar“ den Gemeinderat jedoch noch umschwenken lassen, dann müsse man neu denken.