Foto: Wir für uns

Sonne war zumindest zeitweise Mangelware beim Ausflug des Marbacher Bürgertreffs Wir für uns. Die Teilnehmer stiegen in die Tiefe des Bergbaus hinab.

Marbach - Marbach
In die Welt des Bergbaus und der Bergmärchen führte der Jahresausflug die Mitglieder des Bürgertreffs Marbach. Die Busfahrt nach Neuenbürg im Nordschwarzwald dauerte gut eine Stunde. Im Besucherbergwerk von Neuenbürg wartete schon der Stollenführer auf die Besucher.

Alle, die in das Bergwerk einfahren, erhalten einen Schutzhelm und einen Umhang. „Einfahren“ ist Bergmannssprache und hier nicht wörtlich zu nehmen, zu Fuß geht es ebenerdig in den Berg hinein. Schon nach wenigen Schritten hat der Berg die Besucher gefangen, die Temperatur beträgt gerade mal 6° Celsius, die Wände des Gangs sind feucht, es tropft von der Decke.

Der Führer stellt die Geschichte des Bergbaus in Neuenbürg dar: Demnach haben schon die Kelten vor 2600 Jahren in der Umgebung Neuenbürgs Eisen gewonnen. Später haben die Römer, die von 70 bis 250 nach Christus in diesem Siedlungsraum lebten, Eisenerz abgebaut und verhüttet. Auch im Mittelalter wurde Bergbau betrieben, danach gerieten die Bodenschätze aber in Vergessenheit und erst 1720 suchten sächsische Bergleute hier ihr Bergmannsglück. 1790 schließlich zog die württembergische Herrschaft die Schürfrechte an sich und betrieb die Bergwerke in eigener Regie. Die Verhüttung erfolgte allerdings im 60 km entfernten Friedrichshall. Auf Veranlassung König Friedrichs – damals noch Kurfürst – wurde auch Stahl erzeugt. Das Neuenbürger Erz war durch seinen hohen Mangan- und geringen Schwefelgehalt gut dazu geeignet.

Der „Neuenbürger Stahl“ kam in seiner Qualität gar dem englischen gleich – damals dem besten der Welt. Es kam zu einer regelrechten Blüte der Eisenerzverarbeitung, seine „Churfürstliche Durchlaucht“ stattete dem Oberamt Neuenbürg höchstselbst einen Besuch ab. Das ist auch heute noch nicht vergessen, ein Bildnis des „Dicken Friedrich“ hängt in der Kantine vor dem Bergwerkstollen.

Nach dieser geschichtlichen Lektion geht es weiter in den Berg hinein. Bald nach dem Eingang steht in einer Nische die Figur der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute. Hier beteten die Arbeiter, bevor sie weiter zu ihrem Arbeitsplatz gingen. Auch wenn hier keine Schlagwetter zu befürchten waren, so wie in den Kohlengruben, die Arbeit „unter Tage“ ist immer mit Gefahren verbunden. Nur künstliches Licht erhellt die Dunkelheit, man fühlt sich abgeschnitten von der „normalen“ Welt, und das ist ein bedrückendes Gefühl.

Von der ersten Sohle steigen die Besucher über eine Wendeltreppe zur zweiten Sohle hoch, gebückt kriechen sie durch einen engen, niedrigen Gang, dann wieder eine Leiter zur dritten Sohle. Da versteht man, warum der Führer den Bergmannsberuf einen „Knochenjob“ nennt, das ist er auch heute noch und war es in früheren Zeiten umso mehr, als die Arbeitsbedingungen wesentlich schlechter waren, die Öllampen spendeten nur spärliches Licht, und als Werkzeuge standen nur Hammer und Meisel zur Verfügung. Auf der dritten Sohle ist auch der Ausgang, die Besucher treten ins Freie, blinzeln ins Sonnenlicht und atmen tief durch. Ein bisschen das Gefühl, wiedergeboren zu sein.

Für diejenigen, die nicht an der Führung durch das Bergwerk teilnehmen können, ist ein Vortrag organisiert. Herr Härter, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Neuenbürger Bergbau, die das Besucherbergwerk in den 1970er Jahren hergerichtet hat und nun betreibt, hält ein umfassendes Referat über den Bergbau. Weit holt er aus, spricht die technischen, wirtschaftlichen und soziale Probleme an. Nun sind auch die informiert, die nicht im Berg waren.

Der Bus bringt die Ausflügler vom Bergwerk zurück in die Stadt Neuenbürg, zum Schlossberg darf er nicht hochfahren, zu Fuß oder mit dem Kleinbusshuttle geht es hinauf zum Schlossrestaurant. Im Schlosshof ist für die Gäste eingedeckt. Der Pächter ist Portugiese, das Menü mit der Nummer fünf ist neunmal gebucht: „Waldpilzpfanne mit Tomatensoße, Zwiebel, Rosmarin, Käse und Salat“, die portugiesische Version der Pizza.

Nach dem Mittagessen erlebt die Gruppe noch einmal ein Stück Bergwelt. Mit beeindruckenden Licht-, Farb- und Klangeffekten sowie kunstvoll ausgearbeiteten Holzfiguren wird Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“ erzählt. Von Ehrgeiz, Gier, unerfüllten Wünschen und Verlockungen handelt die bald 200 Jahre alte Geschichte, die nichts an Aktualität verloren hat.

Zum Nachmittagskaffee sind im Kurparkrestaurant im nahen Bad Wildbad Plätze reserviert. Die Fahrt dorthin wird durch eine Umleitung zur aufwendigen Reise. Für eine gemütliche Kaffeerunde reicht die Zeit aber, für einige auch für einen Spaziergang im Kurpark mit seinen alten Bäumen, Brücken und Stegen. Hier –  so die Überlieferung – soll Herzog Carl Eugen von Württemberg Franziska kennen gelernt haben, damals noch nicht von Hohenheim, sondern von Leutrum. Die Heimfahrt verläuft problemlos, einen Prinzen hat niemand unterwegs kennengelernt, Frau Gütig ist selig, dass es ihr nochmals vergönnt war, diesen schönen Tag in ihrer alten Heimat zu genießen.