Foto: Dominik Thewes

Das Bündnis „Gesundes Krankenhaus“ hat am Marbacher Bahnhof für einen bessere Personalbemessung in der Pflege demonstriert.

Marbach - Eine zusätzliche Pflegekraft in der Nacht im Marbacher Krankenhaus und deutschlandweit eine gesetzlich geregelte Personalbemessung: das sind die beiden Forderungen, auf die das Bündnis „Gesundes Krankenhaus – für Patienten und Personal“ gestern, gegen17 Uhr, mit Trillerpfeifen und Transparenten am Marbacher Bahnhof aufmerksam gemacht hat. Hintergrund der Aktion war ein Vorfall, der sich in der Nacht auf den 24. Januar im Marbacher Krankenhaus ereignet hat (wir berichteten). Damals kam es bei einer Patientin zu Problemen mit der Sauerstoffversorgung. Lange Zeit sei keine Pflegekraft gekommen, der personelle Engpass habe zu einer kritischen Situation geführt, sagt der Verdi-Gewerkschaftssekretär Marc Kappler.

„Die Krankenhausleitung spricht nach solchen Ereignissen immer vom Einzelfall“, zürnt Marc Kappler. „Uns liegen bundesweit so viele Beispiele vor, dass man eben nicht mehr von Einzelfällen sprechen kann“, hält der Gewerkschaftssekretär dagegen. Eine Pflegekraft liest bei der Demo beispielhaft vor, wie ein 80-Jähriger stirbt, weil er nach einem Oberhalsschenkelbruch nicht adäquat versorgt wird. Oder den Fall einer jungen Frau, deren Medikation Probleme verursacht, die wegen Personalmangels nicht dokumentiert werden. Kurze Zeit später ist die Patientin tot. Kappler zitiert aus dem AOK-Krankenhausreport 2014: „Der Tod von 18 800 Patienten hätte verhindert werden können.“

Die Lösung dazu heißt aus Sicht des Bündnisses „Gesundes Krankenhaus – für Patienten und Personal“, dem unter anderem Verdi Stuttgart, die Katholische Arbeitnehmerbewegung Bezirk Enz-Neckar und die IG Metall zugehören, eine gesetzlich geregelte Personalbemessung. Eine solche habe es laut Marc Kappler in den Jahren 1992 bis 1994 sogar gegeben. 20 000 Pflegekräfte seien damals eingestellt worden. Doch seit das Gesetz gekippt wurde, befinde man sich in einer Abwärtsspirale. „Wenn aber Krankenhäuser schon in Konkurrenz treten müssen, dann doch bitte in der Behandlungsqualität“, fordert Kappler. Der heutige Wettbewerb der Kliniken untereinander sei hingegen geleitet von der Frage, wer mit noch weniger Personal den Betrieb gerade so aufrecht erhalten könne.

Applaus erhält Kappler für seine Ausführungen nicht nur von den rund 40 Demonstranten, darunter die Linken-Vertreter Peter Schimke und Walter Kubach, sondern auch von Anita Gnann-Hass, die gestern der Demonstration ebenfalls beiwohnte. Die Steinheimerin hat den Stein erst ins Rollen gebracht, indem sie die Vorgänge in jener Januarnacht öffentlich machte. „Ich sehe mich bestätigt, dass ich es richtig gemacht habe“, sagt sie heute. Mit einem Blumenstrauß als Entschuldigung für ihre Freundin, die damals – selbst Patientin – der Zimmergenossin vermutlich das Leben gerettet habe, sei es nicht getan. Auf die Missstände hinzuweisen sei vor allem für die zukünftigen Patienten wichtig. Insofern applaudiert sie auch für die Worte von Monika Fink-Ott, die als Sprecherin der Katholischen Arbeiterbewegung zum Mikrofon greift: „Im Krankenhaus geht es um Menschen, nicht um Profit.“

Nach den Reden setzte sich der Demonstrationszug gegen 17.15 Uhr in Bewegung in Richtung Krankenhaus. Eskortiert von zwei Polizeiwagen hat das in der Hauptverkehrszeit für einen kleinen Stau gesorgt. Am Klinikum angekommen, hat die Gruppe ein Plakat angebracht, auf dem eine Pflegeperson mit sechs Händen abgebildet war, „als symbolische Geste an das Pflegepersonal im Krankenhaus überbringen wir damit eine zusätzliche Kraft für die Nacht“, erklärte Marc Kappler.