Levin Rath hat auch einen chinesischen Namen: Li Wei. Foto: Werner Kuhnle

Der elfjährige Levin Rath aus Marbach gehört zu den besten Tischtennis-Spielern seines Jahrgangs in Deutschland.

Marbach - China und Tischtennis sind bei der Marbacher Familie Rath die beherrschenden Themen. Mutter Marion ist Chinesisch-Lehrerin, beherrscht die komplizierte Sprache fließend, und in den Sommerferien ist die ganze Familie im Reich der Mitte. Die Kinder Levin (11), Malin (9) und Loris (5) spielen allesamt Tischtennis, Levin gehört in sinem Jahrgang zu den Besten in Baden-Württemberg und auch in Deutschland. Bezirksmeistertitel oder Turniersiege – oft schon in höheren Altersklassen – sammelt er wie andere die Fußballbildchen im Panini-Album.

Bei der starken Bindung zu China könnte man nun auf die Idee kommen, dass die Mutter der auslösende Faktor für die Liebe zum Tischtennis war. Doch Vater Thomas widerspricht: „Das kam durch mich. Ich habe früher gespielt, allerdings nur bis maximal zur Bezirksliga.“ Sein Ältester hat da ganz andere Ambitionen. Mit sechs Jahren nahm Levin beim TTC Bietigheim-Bissingen erstmals einen Tischtennisschläger in die Hand. Und es war sofort klar, dass er das nötige Talent hat – aber nicht nur das: „Er war von Beginn an mit großer Begeisterung beim Training. Die Arbeit am Tisch ist ihm nie schwer gefallen, er ist immer da und beschwert sich nie. Das ist das Wichtigste“, sagt sein Vereinstrainer Momzilo Bojic. Getreu dem Motto: „Harte Arbeit besiegt Talent, wenn das Talent nicht hart arbeitet.“

Seine Stärken hat Levin „im offenen Spiel und mit der Vorhand“, erklärt Bojic. Aufschlag und Rückschlag – das sogenannte „krumme Spiel“ – seien bislang nicht so seine Vorlieben. Das soll aber jetzt jemand ändern: Jian Xin Qiu. Der langjährige Bundesliga-Spieler des TTC Frickenhausen betreibt in Nürtingen eine Tischtennisschule. Ein- bis zweimal pro Woche trainiert Levin Rath neuerdings dort. „Qiu hat ihm zum Teil Dinge erzählt, von denen hatte Levin noch nie gehört“, berichtet Thomas Rath. „Das Training dort ist schon etwas anderes, sehr intensiv. Aber es bringt etwas – und manchmal ist es auch richtig lustig“, erzählt Levin, der von seinem chinesischen Trainer auch mit einem chinesischen Namen angesprochen wird: Li Wei. „Alle unsere Kinder haben chinesische Namen. In erster Linie werden die verwendet, wenn wir in den Sommerferien immer vier Wochen in Chendu sind“, sagt Thomas Rath. Die Raths sind in der Zehn-Millionen-Metropole in der Provinz Sichuan keine Touristen. „Wir haben Bekannte dort, die uns für diese Zeit eine Wohnung zur Verfügung stellen. Meine Frau blüht immer auf, wenn sie unter Chinesen leben und mit ihnen sprechen kann“, erklärt der Familienvater.

Und wenn man schon mal in der weltweit überragenden Tischtennisnation ist, dann spielt natürlich auch der grüne Tisch eine wichtige Rolle. „Die Kinder trainieren dort. Da gibt es ein Tischtennis-Internat, in dem es richtig zur Sache geht. Da stehen 100 Tische in der Halle“, schwärmt Thomas Rath regelrecht.

Doch auch hier in Deutschland trainiert Levin Rath eigentlich täglich. Montag und Donnerstag im Verbandsstützpunkt in Heilbronn, Dienstag und zum Teil auch Donnerstag bei Jian Xin Qiu in Nürtingen und Mittwoch und häufig auch am Samstag im Verein. Ob er schonmal zu viel hatte vom Tischtennis? Eine komische Frage: „Nein – ohne Tischtennis ist es langweilig“, sagt er. Unter der Woche Training, am Wochenende Spiele oder Turniere, nebenbei reitet er noch ab und zu oder liest gerne – der Tag kann eigentlich nicht ausgefüllt genug sein.

So etwas wie Chillen gibt es bei Levin Rath nicht – auch nicht in der Schule. Kürzlich ist eine Mathearbeit bei dem Sechstklässler mal „schlecht gelaufen“ – es war eine 1 bis 2. „Schule ist schon wichtig, aber das läuft von allein. Tischtennis ist einfach zeitaufwendiger“, sagt der Elfjährige. Bei der Frage, ob er denn mal Tischtennisprofi werden möchte, zögert er aber. „Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich habe erstmal andere Ziele, zum Beispiel unter die besten zehn meines Jahrgangs in Deutschland zu kommen.“ Momzilo Bojic ist das nicht ambitioniert genug: „Zu den Top Ten gehört er meines Erachtens schon. Er sollte mindestens die ersten fünf anpeilen.“ Das hat Levin gehört – und mit Sicherheit auch abgespeichert. Aber er verrät auch noch ein weiteres persönliches Ziel: „Mein kleiner Bruder soll mal mindestens genauso gut werden wie ich. Ich freue mich schon darauf, mit ihm Doppel zu spielen.“