Die Störche haben sich über den Dächern von Marbach aufgehalten. Foto: Martin Knöller

Adebare sind am Dienstag in der Altstadt gesichtet worden. Allerdings hält der Nabu-Vorsitzende für ausgeschlossen, dass sich die Vögel dort ansiedeln.

Marbach - In der Zahnarztpraxis von Martin Knöller drehte sich am Dienstagmittag für kurze Zeit mal nicht alles um die Probleme von Patienten mit ihren Kauwerkzeugen. Stattdessen war das Storchenfieber ausgebrochen – ausgelöst von einem Adebar-Paar, das sich über den Dächern der Altstadt tummelte. „Eine Helferin hat die beiden gegen 12.45 Uhr entdeckt“, sagt Martin Knöller. Die Vögel hätten sich beim Torturm niedergelassen. „Wir haben sie zehn Minuten lang beobachtet. Sie sind dann aber weggeflogen“, berichtet der Dentist, der vermutet, dass sich die Störche bei ihrer kleinen Stippvisite nach einem Nest umgeschaut haben.

Das mag sein. Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, dass sich die prächtigen Tiere tatsächlich dauerhaft in der Schillerstadt niederlassen würden. Klaus Ruge, der Vorsitzende des örtlichen Nabu, kann sich das jedenfalls nicht vorstellen. „Ich halte es für unmöglich, dass sich auf der Gemarkung Störche ansiedeln“, erklärt der Fachmann. Dazu sei das Nahrungsangebot einfach zu ungenügend. Mit der Umgestaltung des Neckarufers sei zwar durchaus eine Verbesserung erreicht worden. Aber das reiche noch nicht aus.

Optimal für Adebare seien hingegen die Voraussetzungen in Pleidelsheim, betont Klaus Ruge. Das haben mittlerweile auch die Tiere selbst registriert. Ein Paar hat im dortigen Naturschutzgebiet Wiesental zu brüten angefangen (wir berichteten). Theoretisch wäre es sogar denkbar, dass es eben jene Pleidelsheimer Störche waren, die am Dienstag einen Abstecher nach Marbach unternommen haben, meint der Nabu-Vorsitzende. Die Entfernung wäre ein Klacks für die Vögel, konstatiert er. Dagegen spreche jedoch der Umstand, dass das Paar seine Brut nicht unbeaufsichtigt lassen würde. Darauf weist auch der Winzerhäuser Storchenexperte Dieter Fischer hin. Wenn, mache sich nur ein Partner auf den Weg, zusammen verließen die Tiere ihr Nest im Grunde nie.

Naheliegender ist deshalb wohl ein anderer Erklärungsansatz von Klaus Ruge: „Es könnte auch sein, dass es sich um nachkommende Störche handelt“, sagt er. Aus südlichen Ländern wie Rumänien wisse er, dass die Zugvögel verspätet aus ihren Winterquartieren zurückgekehrt seien. Auch Dieter Fischer hält es für denkbar, dass es sich um Exemplare handelt, die noch auf der Suche nach einer geeigneten Nistgelegenheit sind. Damit wären sie aber im Falle eines Bruterfolgs zu spät dran, um den Nachwuchs ausreichend aufpäppeln zu können. „Die ersten Störche fliegen Ende August ja wieder weg“, sagt Dieter Fischer.

Weil die Adebar-Saison folglich schon weit vorangeschritten ist, hat der langjährige Geschäftsführer von Tripsdrill inzwischen auch die Hoffnung aufgegeben, dass sich in Großbottwar heuer doch noch ein Pärchen niederlässt. „Ich glaube, da passiert nichts mehr“, stellt er fest. Wie überhaupt die vergangenen Wochen und Monate ernüchternd verlaufen seien. Im Bottwartal habe er keinen einzigen Storch gesehen und auch keine entsprechenden Meldungen erhalten. Dabei hat Dieter Fischer auch dieses Jahr nichts unversucht gelassen und die Nester in Großbottwar so präpariert, dass sie Adebare anlocken sollten.

In Tripsdrill, wo es seit längerer Zeit eine Kolonie gibt, sehe es weitaus besser aus. Da sei der Nachwuchs geschlüpft. Perspektivisch hofft er, dass sich die Vögel dann von diesem Stützpunkt aus in der Umgebung verbreiten – und irgendwann vielleicht auch im Bottwartal wieder Wurzeln schlagen, wo sie einstmals heimisch waren.