Foto: Sandra Brock

Beim Silent-Day im Friedrich-Schiller-Gymnasium sind knapp 1200 Euro an Spenden zusammengekommen. Das Geld geht an ein SOS-Kinderdorf im Gazastreifen.

Marbach - In manch einem Klassenzimmer am Friedrich-Schiller-Gymnasium ist es am Mittwoch ganz anders zugegangen als sonst. Ruhiger. Wer wollte, beteiligte sich in den ersten drei Schulstunden an einem so genannten Silent-Day – einem Schweigetag. Die Organisatoren um die Schülerinnen Hannah Staudenmayer und Sophia Möll möchten damit auf diejenigen aufmerksam machen, die etwa in einem Kriegsgebiet leben und ihre Meinung nicht frei äußern dürfen. Nach dem Motto: „Wir schweigen für diejenigen, die schweigen müssen.“

Im Unterricht zu schweigen, das ist allerdings nicht ganz einfach – besonders nicht für die Lehrer. Aber die haben sich reichlich kreativ gezeigt. Auf Folien wurden Aufgaben verteilt, die Tafel wurde sicher mehr als sonst bemüht und der gute alte Zettel kam verstärkt zum Einsatz. Auf Letzterem bekam zum Beispiel der Musiklehrer Wolfgang Jauch von seinem Cellisten den Hinweis: „Der Bogen ist Schrott.“ Jauchs Antwort war kurz und bündig: „Zupfen.“

Wie überhaupt Musikunterricht ohne sprechen funktioniert, hat Jauch mit einer achten Klasse jedenfalls eindrucksvoll bewiesen. Für die Einweihung des Stolpersteins in der Marktstraße am kommenden Montag musste ein letztes Mal geprobt werden – das geht auch ohne Worte. Die Instrumentalisten – gezupftes Cello inklusive – spielten, die Sänger summten. Den Text gelernt haben sie dabei wahrscheinlich trotzdem, glaubt Wolfgang Jauch. „Sie haben ja beim Summen den Text mitgelesen, das ist eine Art mentales Training.“

Sich verständlich zu machen, ohne etwas zu sagen, hat der Musiklehrer dennoch als Herausforderung empfunden. „Aber es hat trotzdem erstaunlich gut funktioniert, weil die Schüler ganz andere Antennen hatten. Sie waren viel aufmerksamer.“

Dass Schweigen durchaus guttun kann, haben auch die Schüler festgestellt. Johanna aus einer sechsten Klasse empfand die drei Stunden als „ganz angenehm“, Tim sogar als „leichter als sonst, weil keiner geredet hat. So konnte man sich voll auf das konzentrieren, was an der Tafel stand.“ Ruben hielt die „Unterhaltungen“ untereinander für interessant: „Wir mussten alles aufschreiben oder mit Gesten sagen.“

Flora Liebig, die Lehrerin der Klasse, hat im stillen Teil ihres Unterrichts die Schüler über den Silent-Day schreiben lassen. Das selbst auferlegte Sprech-Verbot hat sie derweil nicht ganz durchgehalten, was prompt von den Schülern quittiert wurde. „Witzigerweise habe ich einen Zettel eingezogen“, berichtet Liebig lachend. Darauf war zu lesen: „Super. Es ist Silent-Day und die Liebig redet.“ Aber auch die Klassenlehrerin hatte eine Antwort und schrieb an die Tafel: „Es ist besser, über schwierige Dinge zu reden, als über Nichtwissen zu schweigen.“

Tatsächlich ging in diese Richtung auch die einzige Kritik, die an die Organisatorinnen zum Thema Silent-Day herangetragen wurde. „Manche haben das Schweigen nicht verstanden, sie wollten lieber aktiv etwas machen“, berichtet Hannah Staudenmayer. Ansonsten habe es aber nichts wirklich Negatives gegeben. „Ich dachte, es kommt mehr Gegenwind.“

Im Gegenteil: Die Aktion Silent-Day scheint ein voller Erfolg gewesen zu sein. Durch den Button-Verkauf – jeder, der mitgemacht hat, konnte sich für einen Euro einen Anstecker kaufen – kamen rund 1200 Euro zusammen. Diese gehen an das SOS-Kinderdorf im Gazastreifen. Eine Wiederholung des Silent-Days hält Hannah Staudenmayer übrigens nicht für ausgeschlossen: „Es gibt noch viele Themen, für die man schweigen kann.“