Inzwischen kostet das Stadtticket zwar 1,30 Euro. Das ist aber im Vergleich zum Kurzstreckenfahrschein immer noch günstig. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Das Fahrgastplus fällt aber überschaubar aus. Rat regt nun an, Busse komplett kostenlos nutzen zu dürfen.

Marbach - Mit dem Stadtticket haben der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) und die Stadt Marbach im März 2015 einen Modellversuch gestartet, der Menschen den Umstieg auf den ÖPNV schmackhaft machen soll. Für 1,30 Euro kann man das Ticket lösen und damit unabhängig von der Anzahl der Stationen innerhalb der Gemarkung von A nach B pendeln. Das ist insofern ein Schnäppchen, als ein Einzelfahrschein mit 2,40 Euro zu Buche schlagen würde. Der Effekt ist aber überschaubar. Das verdeutlichten die Zahlen, die Martin Schugt vom VVS am Donnerstag im Verwaltungsausschuss präsentierte. Zudem reichen die Zuwächse nicht aus, um eine Gegenfinanzierung zu gewährleisten. Die Stadt bezuschusst das Projekt mit 25 000 Euro. Trotzdem war sich das Gremium einig, den Modellversuch bis Ende 2017 fortsetzen zu wollen.

Denn die Auswirkungen sind zwar nicht gravierend, aber doch spürbar. So seien von März 2015 bis Februar dieses Jahres genau 40 430 Stadttickets verkauft worden, berichtete Martin Schugt. Dies entspreche 3369 Fahrscheinen pro Monat. Und den Durchschnittswert vor Einführung des neuen Angebots schätzt der VVS auf 3197 Tickets. Diese Zahl wurde vereinfacht gesagt auf der Basis von Fahrgastbefragungen und den Verkäufen von Kurzstreckenfahrscheinen errechnet. Das Plus liegt unterm Strich bei 5,4 Prozent.

„Die monatlichen Zunahmen über dem Durchschnittswert vor Einführung des Stadttickets sind nicht gerade üppig“, stellte Hendrik Lüdke von Puls daraufhin fest. Gleichwohl befürworte er das Angebot natürlich, weil damit der ÖPNV gestärkt werde. Ähnlich argumentierte Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern, der sich zufrieden zeigte und von einer „runden Sache“ sprach, sich aber etwas mehr davon versprochen hätte. „Das muss erst mal anlaufen“, gab Heike Breitenbücher von der CDU zu bedenken. Insofern sei es gut, dass das Projekt fortgesetzt werde, um dann ein Resümee ziehen zu können. Sie begrüßt es aber schon jetzt, dass die Nutzer durch den Pauschalpreis Kostenklarheit haben und sich nicht an der Anzahl der Stationen orientieren müssen.

Jürgen Schmiedel von der SPD hatte schließlich eine Idee parat, wie das Ganze mehr Schwung aufnehmen könnte: „Ich prophezeie, dass wir einen großen Anstieg erleben würden, wenn das kostenlos wäre.“ Insofern würde ihn interessieren, wie viel Geld man dafür in die Hand nehmen müsste, um das Busfahren in Marbach zum Nulltarif zu ermöglichen. „Dann sehen wir, ob das völlig utopisch ist“, erklärte Jürgen Schmiedel. „Die Zahlen kann man vorlegen“, versprach Schugt. Erste spontane Schätzungen in der Runde bewegten sich zwischen 50 000 und 60 000 Euro im Jahr.

Schon zuvor hatte der Mann vom VVS erläutert, dass es ein weiter Weg sei, bis sich das Stadtticket selbst trägt. Um das Ganze komplett gegenfinanzieren zu können, müssten 24 000 Tickets mehr verkauft werden. In Herrenberg, wo ebenfalls ein Modellprojekt an den Start gebracht wurde, habe man ähnliche Erfahrungen gemacht. Außerdem müsse noch geklärt werden, wie groß der Kannibalisierungseffekt ist. Sprich: Wie viele Kunden leisten sich beispielsweise nun keine Monatsmarken mehr, sondern nur noch die Stadttickets, um damit alles in allem billiger wegzukommen. Martin Schugt berichtete ferner, dass eine Entscheidung über die Einführung eines VVS-weiten Stadttickets für kleine und mittelgroße Kommunen noch ausstehe. Sie solle im Frühjahr 2017 im Rahmen der Tarifrunde 2018 getroffen werden.