In der Schillerstraße ist die Luft am stärksten mit Stickstoffdioxid belastet. Foto: Archiv (Oliver von Schaewen)

Die Grenzwerte für Stickstoffdioxid sind in der Schillerstraße und der Rielingshäuser Straße deutlich überschritten worden.

Marbach - Die Wasserstandsmeldungen hatten bereits darauf hingedeutet, dass die Luftbelastung in der Schillerstadt zu hoch ist. Nachdem nun das Ergebnis für das ganze vergangene Jahr vorliegt, hat es die Kommune schwarz auf weiß: Die Grenzwerte wurden an zwei Messpunkten überschritten. Deshalb ist jetzt das Regierungspräsidium Stuttgart am Zug. „Wir werden uns an die Behörde wenden und einen Luftreinhalteplan einfordern“, sagte der Ordnungsamtsleiter Andreas Seiberling gestern in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Technik.

Handlungsbedarf lösen allerdings nicht die Feinstaubwerte aus, die die Kommune von Januar bis Dezember 2016 in der Schillerstraße überprüfen ließ. Hier sei die Höchstgrenze nur an fünf Tagen geknackt worden. Reagieren müsse man erst, wenn die Marke 35-mal falle. Anders dagegen die Situation beim Stickstoffdioxid. Hier lag die mittlere Konzentration im Jahr 2016 an den Messstellen in der Schillerstraße und der Rielingshäuser Straße weit über dem Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter. In der Rielingshäuser Straße wurde das Limit um elf, in der Schillerstraße sogar um 15 Mikrogramm überschritten. Und auch am dritten Spot in der Güntterstraße wurden 39 Mikrogramm pro Kubikmeter erreicht und damit die Latte nur hauchdünn nicht gerissen.

Welche Konsequenzen daraus gezogen werden, ist noch unklar. „Herr des Verfahrens ist das Regierungspräsidium“, betonte Andreas Seiberling. Anders als beim Lärmaktionsplan müsse deshalb auch die Stadt keine Vorschläge liefern, sondern die Behörde. „Bei der Antragstellung werden wir aber schon darauf hinweisen, was wir uns vorstellen“, betonte der Chef des Ordnungsamts. So werde man auf die Schaffung einer Umweltzone, ein Lastwagen-Durchfahrtsverbot sowie Tempo 30 auf den Durchgangsstraßen drängen. Wie lange es dann dauert, bis solche Maßnahmen tatsächlich angeordnet werden, vermöge er nicht abzuschätzen. Andreas Seiberling erinnerte jedoch daran, dass die Remsecker mehrere Jahre warten mussten, bis dort endlich Nägel mit Köpfen gemacht wurden.

Jürgen Waser von den Grünen bemängelte daraufhin, dass sich der Prozess in Marbach unnötig verzögert habe, weil sich die Verwaltung lange gegen Messungen gewehrt habe. Erst nach einem Gemeinderatsbeschluss seien die Werte überprüft worden. Diesen Schuh wollte sich Seiberling aber nicht anziehen. Man habe mit Fachleuten Rücksprache gehalten, und die hätten prognostiziert, dass die Werte in Marbach nicht überschritten werden. Außerdem habe man erst die Ergebnisse der Messungen in Steinheim abwarten wollen, um sich daran orientieren zu können, ergänzte der Bürgermeister Jan Trost. „Im Nachhinein ist man immer schlauer.“

Hendrik Lüdke (Puls) war indes wichtig, dass die Maßnahmen schnell umgesetzt werden und forderte deshalb, Druck beim Regierungspräsidium zu machen. „Es geht um die Gesundheit der Bevölkerung“, betonte er. Jochen Biesinger (CDU) würde den Verantwortlichen der Behörde zudem raten, sich nicht nur auf die Schillerstraße und die Rielingshäuser Straße zu konzentrieren, sondern das große Ganze zu beachten und auch eventuelle Verkehrsverlagerungen durch neue Restriktionen zu berücksichtigen. Ernst Morlock von der SPD brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass nun tageszeitunabhängig die Geschwindigkeit auf den Hauptstraßen durch Marbach auf 30 begrenzt wird – nachdem das über den Lärmaktionsplan noch versagt blieb.

Martin Mistele von den Freien Wählern wollte sich ebenfalls nicht gegen einen Luftreinhalteplan aussprechen. Er gab aber zugleich zu bedenken, dass die hohen Stickstoffdioxidwerte durch den Diesel-Boom der vergangenen Jahre ausgelöst worden seien. Die Motoren seien immer effizienter geworden und hätten höhere Verbrennungstemperaturen, wodurch dann wiederum Stickstoffdioxid entstehe. Und ein so wirksamer Energieeinsatz sei ja auch „ein Ziel in unserer Volkswirtschaft“.