Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Ein Luftreinhalteplan für Marbach rückt durch die Klage der Deutschen Umwelthilfe näher. Die Stadt will keine Diesel-Fahrverbote, aber Laster über die B14 umleiten.

Marbach -  Nachdem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) am Gründonnerstag bekannt gegeben hat, gegen elf weitere Städte wegen Überschreitung der Stickstoff-Grenzwerte zu klagen und in dieser Liste Marbach auftauchte neben Ludwigsburg, Backnang und Heilbronn, war Bürgermeister Jan Trost sehr überrascht. Vorab sei die Stadt, die die Neuigkeit von der Presse erfahren habe, nicht kontaktiert worden (wir berichteten). Weiter gewachsen ist jedenfalls nun die politische Dringlichkeit für die Aufstellung eines übergreifenden Luftreinhalteplans, der für Marbach und Umgebung beim Regierungspräsidium derzeit bearbeitet wird.

„Wir arbeiten bereits mit Hochdruck an der Erstellung des Luftreinhalteplans für Marbach. Voraussichtlich kann dieser bis Ende 2018 fertiggestellt werden“, sagt Katja Lumpp vom Regierungspräsidium Stuttgart. Dies geschehe unabhängig von der angekündigten Klage der DUH. „Entscheidend ist für uns als Land, ob die Grenzwerte überschritten werden und wenn ja, in welcher Höhe“, so Lumpp weiter. Dies sei auch bislang der Maßstab für die Priorisierung gewesen.

Im Gespräch mit unserer Zeitung macht Jan Trost deutlich, dass ein zentraler Vorschlag der Stadt gegenüber dem Regierungspräsidium darin besteht, den durchfahrenden Brummiverkehr auf der B 14 zu halten. Dieser gelangt derzeit über die Bundesstraße 14 bei Winnenden und Leutenbach auf die Landesstraße 1127 nach Affalterbach und Marbach. Auf der zurzeit ab Nellmersbach im Ausbau befindlichen Bundesstraße sollen diese Fahrzeuge aber künftig nach den Vorstellungen Marbachs über Backnang-West und die L 1115 bei Mundelsheim auf die A 81 weiterfahren.

Die Hochstufung der L 1115 zur Bundesstraße gilt derzeit als aussichtsreich, um Ortsdurchfahrten von Schadstoffen zu entlasten. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat im durch die Umwelthilfe angestrengten Verfahren unter anderem gegen Stuttgart generell Fahrverbote für Dieselfahrzeuge als letztes Mittel zur Einhaltung der Grenzwerte für zulässig erklärt. Die Marke für Stickstoffdioxid (NO2) innerorts, die nicht überschritten werden darf, liegt bei 40 Mikrogramm. In Marbach lag der Jahresmittelwert 2017 an der Schillerstraße bei 55 Mikrogramm.

Nach Informationen dieser Zeitung sollen in Stuttgart wegen NO2-Grenzwert-überschreitungen ab Anfang 2019 Dieselautos der Schadstoffklassen 1 bis 4 von den Straßen verbannt werden, ab 2020 auch Wagen, die der Abgasnorm Euro 5 entsprechen. Deren Halter könnten dann ihre Vehikel vermehrt in Kommunen der Region mit S-Bahn-Anschluss parken.

Für Marbach lehnt Trost Fahrverbote jedoch generell ab. Man treffe damit die klassische Mittelschicht ohne Firmenwagen, darunter viele Familien. Diese hätten sich womöglich in den zurückliegenden Jahren ein gebrauchtes Dieselfahrzeug gekauft. „Wir wollen auch aus sozialen Gründen auf jeden Fall Fahrverbote vermeiden“, so Jan Trost.

Daher ist die Wirksamkeit anderer Maßnahmen entscheidend wie die eines Lkw-Durchfahrtsverbots. Davon ausgenommen wäre der so genannte Quell- und Zielverkehr, etwa von Lastern hier ansässiger Firmen. Darunter fallen die wegen ihrer auffälligen lilafarbenen Lackierung optisch präsenten Laster eines Logistikunternehmens, das einen Pendelverkehr vom Energie- und Technologiepark zur Affalterbacher AMG betreibt. Bei der von Verwaltung und Stadtrat erteilten Baugenehmigung für den Immobilienentwickler Gazeley im Energie- und Technologiepark 2014 war bereits klar, dass an solche Logistiker vermietet wird. Marbachs Erster Beigeordneter Gerhard Heim erklärt, dass konkrete Vorgaben zum Durchfahrtsverkehr beim Baugenehmigungsverfahren nicht gemacht werden konnten. Klar sei allerdings gewesen, dass Lkw von dort durch Marbach fahren würden. Vermutlich hätten diese Fahrbewegungen in den vergangenen Jahren mit der Entwicklung der Firma „auch deutlich zugenommen“. Schließlich habe sie ihren Fahrzeugabsatz in den vergangenen zehn Jahren vervierfacht, so Gerhard Heim. Mit einem lachenden Auge sieht Bürgermeister Trost, dass seine Stadt in „einer absoluten Wachstums und Boomregion“ liegt, „mit einem weinenden Auge“ aber die damit einhergehenden Belastungen.