Die Taufe im Neckar ist für die Teilnehmer ein besonderes Ereignis gewesen. Foto: Michael Raubold Photographie

Die evangelische Kirchengemeinde in Marbach geht neue Wege. Erstmals hat sie eine Flusstaufe im Neckar veranstaltet.

Marbach - Fragend schaut der kleine Fin zum Pfarrer, der schon mit aufgekrempelter Hose im Neckar steht. Fin blickt nach unten ins Wasser, dann zu seinen Eltern. Der Vater des erst sechs Monate alten Jungen befindet sich mittlerweile auch im kühlen Nass, und die Mutter steigt gerade vom Holzsteg ins Wasser hinein auf eine Gitterbox, die als Podest dient. Sie hält ihren Rock – das Wasser ist tiefer als gedacht. Vom Steg aus reichen die Taufpaten den Eltern das Baby und folgen ihm in den Neckar. Jetzt stehen sechs Erwachsene dicht gedrängt gegenüber vom Pfarrer im Wasser – Eltern, Taufpaten und Großeltern. Fin hebt noch verwundert die Augenbrauen, da beginnt schon die Taufzeremonie. Und als das kalte Neckarwasser auf seinen Kopf geträufelt wird, weint er und strampelt kräftig.

Auch Fins dreijähriger Bruder Emil wird an diesem Tag bei der ersten Flusstaufe in den Marbacher Neckarauen getauft. „Wir wohnen erst seit Juni in Marbach und haben durch die Gemeinde von dieser Möglichkeit der Taufe gehört“, sagt die Mutter noch mit nassen Beinen. Und: „Uns hat es super gefallen.“

Insgesamt haben sich 28 Täuflinge – Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu dieser Flusstaufe angemeldet, die an diesem Sonntag zum ersten Mal stattfindet. Eberhard Weisser, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Rielingshausen, der diese Taufe gemeinsam mit dem Marbacher Pfarrer Rüdiger Schard-Joha vorbereitet hat, sagt anschließend: „Wir wollten Menschen eine Gelegenheit zur Taufe bieten, die dafür offen sind, aber bisher noch keine Gelegenheit gesehen hatten.“

Vor der Taufzeremonie im Wasser findet auf der großen Wiese neben dem Neckarufer der Gottesdienst statt. Die Sonne taucht den Ort in spätsommerliches Licht, große Sonnenflecken sind über die ganze Wiese verteilt und wärmen die festlich gekleideten Menschen. Wie schön, dass das Wetter so gut mitmacht, am Abend vorher hatte es noch stark geregnet, doch die Wiese ist gut abgetrocknet. Mehr als 100 Gäste sind gekommen – Familie, Freunde und interessierte Gemeindemitglieder sitzen auf Bänken vor einem von der Sonne hell erleuchteten Altar, auf dem schon die Taufkerzen bereit stehen. 14 Musikerinnen und Musiker der Posaunenchöre Marbach und Rielingshausen schaffen unter der Leitung von Daniel Roth den feierlichen musikalischen Rahmen. Ein reich gedecktes Kuchenbuffet mit heißem Kaffee und Tee ist vorbereitet.

Im Hintergrund nimmt das Ausflugsschiff „Liberty“ Kurs auf die Anlegestelle am Neckar und schließlich ist es soweit: Beide Pfarrer begrüßen gemeinsam alle Gäste des Taufgottesdienstes. Jugendliche haben ein kleines Spiel vorbereitet, in dem Philippus den Kämmerer von Äthiopien tauft. Und Pfarrer Schard-Joha betont: „Heute sind wir Teil von etwas Großem, wenn 28 Menschen getauft werden und Zuspruch von Gott bekommen.“ Die Taufe lege einen Schatz in das Herz der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen. Auch die Schwester der kleinen Marlena, die später noch getauft wird, spricht im Gottesdienst. Es sind Worte aus der Bibel: „Der, der glaubt und getauft wird, der wird gerettet.“ Schließlich werden alle Täuflinge, Eltern, Großeltern und Taufpaten in einen großen Kreis vor den Altar gebeten, um gemeinsam die Tauffrage mit „ja, ich will“ zu beantworten. Es dauert eine Weile, bis alle ihre Taufkerze an der Altarkerze entzündet haben und endlich machen sich alle gemeinsam auf den Weg ans Neckarufer. Die beiden Pfarrer krempeln beherzt ihre Hosenbeine auf und werden nun für knapp vierzig Minuten im Wasser einen Täufling nach dem anderen taufen.

Marlena Anni Edith Ermann ist mit vier Monaten das jüngste Gemeindemitglied, das an diesem Tag Taufe feiert. Der Mutter Sandra Daniela Erdmann gefällt diese besondere Idee der evangelischen Kirchengemeinde: „Wir wohnen in Rielingshausen und fühlen uns nun durch diese Taufe noch mehr verbunden mit dem Neckar.“ Ihre kleine Marlena nimmt die Taufe souverän und ist kein bisschen erschrocken vom kühlen Wasser auf ihrem Köpfchen.

Sogar neun Mitglieder der Familie Strohmenger lassen sich an diesem Tag in die Gemeinschaft der evangelischen Gemeinde aufnehmen: Beide Eltern und ihre sieben Kinder werden von Pfarrer Eberhard Weisser getauft, und alle lassen sich komplett ins Wasser eintauchen. Auch mit dem Kopf, ganz genau so, wie Jesus die Taufe auch von Johannes dem Täufer im Jordan empfangen hat.

Ein Täufling nach dem anderen geht mit seiner Familie nach unten auf den Neckarsteg, um die heilige Taufe zu empfangen. Nun steht der siebenjährige Aurel auf dem Holzsteg bereit. Wunderschön anzusehen, mit seinem weißen „Taufkleid“ mit Kordel um die Hüften – und Schwimmschuhen an den Füßen. Sein Taufpate trägt zu weißem Hemd eine schwarze Bermuda-Hose und nackte Füße. Aurel wird auch ganz eintauchen im Neckar. „Wie ein kleines Fischle“, sagt er stolz und zeigt sein Seepferden-Abzeichen an der Badehose. Nach der Taufe nimmt ihn die ganze Familie ergriffen in Empfang, umarmt ihn und gratuliert. Aurel scheint es gefallen zu haben, er sagt einfach: „Noch mal!“