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Die Nabu-Ortsgruppe Marbach will verstärkt Streuobstwiesen schützen. Eine Ausstellung zum 111-jährigen Bestehen bringt das zum Ausdruck.

Marbach - Die Natur bedarf der Pflege – das weiß Klaus Ruge nur allzugut. Denn mehr als einmal hat der Vorsitzende der Marbacher Ortsgruppe im Naturschutzbund (Nabu) erlebt, dass an Wiesen und Wäldern Raubbau betrieben wird, wenn niemand aufpasst. Und auch aktuell gebe es in Marbach einiges zu tun, meint Ruge: „Ausgleichsflächen der Stadt Marbach am Kirchenweinberg, an der Mulde an der Grenze zu Erdmannhausen und am Energie- und Technologiepark werden seitens der Stadt etwas lieblos behandelt“, sagt er und fordert ein stärkeres Engagement der Kommune. Seit dem vorigen Jahr betreut Stefan Betzler, Mitglied des Nabu, diese Flächen. „Vielleicht will ja die Stadt Marbach diese Pflege durch einen finanziellen Ausgleich anerkennen?“, fragt Ruge, der sich auch einen stärkeren Schutz von Bäumen wünscht, die im Innern schon morsch sind, aber noch als Lebensräume für seltene Tierarten dienen könnten.

Die Stadt kümmere sich durchaus um ihre Ausgleichsflächen und insbesondere ihre Streuobstwiesen, teilt der Erste Beigeordnete Gerhard Heim auf Anfrage mit. Es könne jedoch zwei bis drei Jahre dauern, bis man Bäume schneide, sodass manche Flächen vor allem vorm Winter einen etwas ungepflegten Eindruck hinterließen.

Mit Klaus Ruge sind Carola Preuß und Charis Mutschler in die Redaktion gekommen. Das Gespräch dreht sich um aktuelle Aufgaben. „Das Entscheidende ist, dass wir Streuobstwiesen erhalten“, sagt Preuß. Diese Wiesen, auf denen viele bedrohte Tierarten Lebensraum finden, „haben uns schon immer bewegt“. Schließlich sei der Landkreis Ludwigsburg der waldärmste Kreis in Baden-Württemberg.

Aktionen wie die Rettung der Pleidelsheimer Wiesenaue am Neckar im Jahr 1974 und der Stopp einer Neckar-Alb-Autobahn durch den Hardtwald in den 1980er Jahren haben sich tief in das kollektive Gedächtnis der Nabu-Gruppe und der benachbarten Ortsgruppen eingebrannt. „Wir sind gut vernetzt und haben ein gemeinsames Veranstaltungsprogramm aller Nabu-Gruppen im Bottwartal“, sagt Klaus Ruge, der mit Carola Preuß und Charis Mutschler die Ausstellung zur 111-jährigen Geschichte der Marbacher Ortsgruppe vorbereitet hat. Sie wird vom 16. November an im Rathaus zu sehen sein (siehe Info-Kasten).

Erwähnt wird in der Festschrift zur Ausstellung Lina Hähnle, die schwäbische Gründerin des Vogelschutzvereins. Das war der Vorläufer des Nabu. Hähnle warb nicht nur königliche Hoheiten – wie etwa den württembergischen König Wilhelm II. und seine Frau Königin Charlotte – als Mitglieder. Sie legte auch den Rathäusern nahe, Mitglied zu werden. So wurde die Stadt Marbach schon im Jahr 1904 Mitglied. Eine Austrittserklärung habe es bis jetzt nicht gegeben, heißt es in der Festschrift.

Neben dem Schutz der Streuobstwiesen und der Reinigung der Natur durch Heckenputzeten hat sich der Marbacher Nabu heuer vor allem die Bildung auf die Fahnen geschrieben. „Menschen können erkennen lernen, wie sich ihr Handeln auf die Umwelt auswirkt“, meint Carola Preuß, die auf ein Strategiepapier des Nabu verweist.

Insbesondere Kindern vermitteln die Naturschützer immer wieder, wie wichtig die biologischen Zusammenhänge sind. „Wenn ich die Vielfalt der Natur nicht kenne, lässt mich das Ökosystem kalt“, sagt Preuß. Eiche, Erle, Birke – für den Unkundigen sei das alles nur „Baum“. Sie finde es erschreckend, wie sehr die Lebensräume in der Zeit zwischen 1950 bis 1990 zurückgegangen sind.

Und Klaus Ruge schließt sich an: „Für unsere Landschaft sind die Streuobstwiesen ganz signifikant.“ Schon Friedrich Schillers Vater Johann Casper habe den Wert erkannt, wenn auch zunächst vor allem wegen des Vorteils einer möglichen Zusatznahrungsquelle.

In der Arbeit mit Kindern setzt der Naturschutzbund in Marbach immer wieder Akzente. Ruge nimmt den Nachwuchs etwa in der Hector-Akademie an der Marbacher Grundschule an die Hand. Gemeinsam geht es dann auf Entdeckungstour, und es wird Basiswissen vermittelt, das noch lange das Verhalten prägen soll. Überhaupt hat Marbach bei einigen erfolgreichen Initiativen, die heute noch auf Nabu-Bundesebene durchgeführt werden, eine maßgebende Rolle gespielt. Auch bei der Gründung einer selbstverwalteten Jugendorganisation 1982. Bei der Aktion „Erlebter Frühling“, die die Naturschutzjugend (Naju) jährlich veranstaltet, kamen wesentliche Impulse von hier. Im Jahr 2000 – also bevor die bundesweite „Stunde der Gartenvögel“ im Jahre 2006 startete – gab es in Marbach schon eine „Erlebniswoche Vögel“.

Immer wieder geben Klaus Ruge und Carola Preuß auch für den Nabu-Ortsverband Marbach, dem Erdmannhausen und Affalterbach angegliedert sind, Bücher heraus, die das Lernen mit der Natur fördern sollen. So ist etwa in diesem Jahr das Kinderbuch „Herr Lachmann liebt Ameisen – eine Grünspecht-Geschichte“ entstanden. Pate stand der Vogel des Jahres, der Grünspecht. Der Nabu verteilt bald 111  Bücher an Grundschüler.