Nach dem Besuch im Schillerhaus nimmt der Konvoi Kurs auf Schwäbisch-Hall. Foto:  

In Text und Bild erinnern wir an den Besuch von Queen Elizabeth II. in der Schillerstadt vor 50 Jahren.

Marbach - Man mußte freilich viel Geduld aufbringen. Wohin man sah, waren abgesperrte Straßen, waren Beamte der Sicherheits- und Geheimpolizei und die Frage der Ausweise konnte manchmal schon lästig werden“, berichtet die Marbacher Zeitung. Hochrangiger Besuch hatte sich in der Schillerstadt angekündigt. Was sich nach aktuellen Sicherheitsvorkehrungen, beispielsweise anlässlich eines Besuches der Kanzlerin anhört, ist aber schon 50 Jahre her. Dieser Tage jährt sich der der Staatsbesuch einer anderen Regentin, nämlich der von Queen Elizabeth II., in Marbach zum 50. Mal.

Schon Wochen vor dem großen Tag wurde damals überlegt und genau strukturiert, wie der Besuch der Königin in Marbach sein sollte. Vorausgegangen war einige Jahre zuvor ein Besuch von Theodor Heuss auf der Insel. In seiner Funktion als Bundespräsident war Heuss vom 20. bis 23. Oktober 1958 in England. Im Gespräch mit der Königin berichtete Theodor Heuss vom Schiller-Nationalmuseum, das auf einem englischen Vorbild beruhte. Denn Otto Güntter, der Mitbegründer und spätere Direktor des Museums, hatte sich vom Room of Manuscripts der King’s Library im British Museum inspirieren lassen. So lud Heuss die britische Königin ein, sich das Schiller-Nationalmuseum doch selbst einmal genauer anzusehen. Den Gegenbesuch erlebte Heuss nicht mehr – er starb 1963. Wohingegen die Einladung nach Marbach in England unvergessen war.

Im Februar 1965 kündigte Eberhard Muff vom Staatsministerium Baden-Württemberg Bernhard Zeller, Direktor des Schiller-Nationalmuseums, an, dass die Königin auf ihrer Reise auch Marbach einen Besuch abstatten wird. Festgesetzt wurde der 24. Mai.

Viele Vorbereitungen waren notwendig, um einen reibungslosen Ablauf des Aufenthalts ihrer Majestät in Marbach zu garantieren: Die Darstellung der Museumsgeschichte, inklusive der darin enthaltenen Sammlungen, die Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen ebenso wie die Festlegung, welche Literatur der Königin vorgelegt wird mit der Betonung auf englische Bezüge. Auch Schillers Geburtshaus wurde einer Restaurierung unterzogen. Der zeitliche Ablauf war genauestens festgelegt. Insgesamt 45 Minuten sollte der Besuch von Königin Elizabeth dauern, 30 Minuten waren davon für den Besuch des Schiller-Nationalmuseums vorgesehen, zehn für Schillers Geburtshaus.

Dann war er endlich da, der königliche Besuch. Begeistert schreibt die Marbacher Zeitung: „Die Straßen waren so dicht besäumt mit Schaulustigen, die zum Teil von weither gekommen waren, daß man einfach nicht schneller fahren konnte.“ Die Viertelstunde Verspätung wurde daher mit der Neugierde der Bürger begründet. Ein damaliger Schüler berichtet Jahre später, dass er zum „Fähnchenschwenken eingeteilt“ gewesen sei. Er und viele andere Kinder säumten in ihrem Sonntagsstaat die Straßen und Gassen.

Als Höhepunkt des Staatsbesuches im Museum wurde in der Zeitung die Führung von Königin Elizabeth und ihrem Ehemann Prinz Philip durch die „wohlausgebaute kleine Sonderausstellung“ bezeichnet, „in der Wesentliches über Schiller, sein Wesen und vor allem auch über den Einfluß Englands gezeigt wurde“. Es folgte ein Gang zur Terrasse, von dem aus die Besucher einen Blick auf den Neckar, auf die Weinberge, das Römerkastell Benningen und in die Richtung, in der das Ludwigsburger Schloss steht, werfen konnten.

Mit Verspätung erschien der Konvoi um 16.25 Uhr an Schillers Geburtshaus, das anlässlich des hohen Besuches umgestaltet worden war. Man hatte zufällig einen alten Stich gefunden, berichtet der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring. „Man ging davon aus, dass das dem Originalzustand von Schillers Lebzeiten entsprach.“ Für den Besuch der Königin sollte dieser Zustand wieder hergestellt werden. Der Hauseingang wurde verlegt und das Rundbogentor entfernt. Aber das entsprach nicht dem Original, weiß Gühring. In diesem Zustand befand sich Schillers Geburtshaus, als ein Bäcker für eine Weile darin zugange war.

Interessiert habe Königin Elizabeth II. Handschriften Schillers sowie das bescheidene Milieu und die Küche begutachtet, beschreibt die Marbacher Zeitung den kurzen Aufenthalt in Schillers Geburtsstätte. Gleichzeitig endete damit der royale Besuch. „Im Schritttempo bewegte sich der Fahrzeugkonvoi durch die Niklastorstraße, die Marktstraße, die Güntterstraße und die Rielingshäuser Straße in Richtung Schwäbisch Hall“, wird berichtet. Und in der Stadt kehrte wieder Ruhe ein. Stadtarchivar Albrecht Gühring: „Das war für Marbach das wahrscheinlich bedeutsamste Ereignis in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“