Erst spät können Radfahrer bei der Querung der K 1607 erkennen, ob von rechts ein Auto um die Kurve kommt. Foto: Christian Kempf

Als besonders brenzlig wird die Querung der Kreisstraße empfunden.

Marbach-Rielingshausen - Eine großartige Stimmung herrschte unlängst bei der Einweihung des neuen Radwegs im Wald zwischen Rielingshausen und Kleinaspach. Ob Bürgermeister, Räte oder Erster Landesbeamter: Alle zeigten sich begeistert von dem Projekt, lobten die sichere Trasse abseits der Kreissstraße 1607 und die schnelle Umsetzung. Weniger angetan sind hingegen Dr. Michael Spiel und Waldemar Hallwachs. Die beiden passionierten Pedaleure kennen das Gebiet wie ihre Westentasche, sind auch die neue Strecke schon abgefahren und kommen zu einem ernüchternden Urteil: Das Ganze sei gut gemeint und das Ambiente im Forst zum Genießen, doch im Grunde sei der neue Radweg überflüssig – und dazu noch gefährlich.

Besonders kritisch bewerten die beiden Murrer die Querung über die K 1607. Wenn man aus Kleinaspach komme, sei es recht unproblematisch, die Seite zu wechseln. In umgekehrter Richtung sei es aber heikel. „Das ist lebensgefährlich“, findet Michael Spiel. Nach links sei die Sicht in Ordnung, nach rechts aber ungenügend, weil die Autos aus einer Kurve herangeschossen kommen. Zwischen dem ersten Registrieren eines nahenden, motorisierten Fahrzeugs und seinem Eintreffen an der Querung vergingen vielleicht sechs Sekunden. Ein ungeübter Pedaleur und insbesondere Senioren mit schweren Pedelecs brauchten länger, um von dem Ende des Radwegs auf der einen zur Fortsetzung auf der anderen Seite zu gelangen.

Der Bürgermeister Jan Trost verweist allerdings darauf, dass auf diesem Streckenabschnitt das Tempo auf 70 beschränkt sei. Diese Regelung gelte bereits seit vielen Jahren, ergänzt Andreas Fritz, Pressesprecher des Landratsamt Ludwigsburg. „Zudem warnt beidseitig ein Gefahrenschild vor querenden Radfahrern“, betont Jan Trost. Darüber hinaus sei das Verkehrsaufkommen im Vergleich zur L 1115, die am Ende des Radwegs überwunden werden muss, deutlich größer. „In Kürze soll auch noch der Sichtwinkel durch Rückschnitt von Gehölz verbessert werden“, kündigt der Rathauschef an. Trotz der schon geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung bleibt Michael Spiel dabei: Die Passage sei kreuzgefährlich.

Doch das ist nach seinem Geschmack und dem von Waldemar Hallwachs nicht das einzige Manko der Strecke. Die Topografie sei anspruchsvoll, findet Hallwachs. „Da fangen Kindern schnell an zu mosern“, meint Spiel. Außerdem könnten auf dem geschotterten Untergrund keine Rennräder fahren, Drahtesel mit Anhänger ließen sich nur schwer manövrieren. Und als ob das nicht schon genug wäre, ende die neue Route quasi abrupt an der L 1115. Um mit dem Drahtesel weiter nach Kleinaspach zu kommen, müsse erst diese breite Asphaltschneise überwunden werden, bei der im hohen Takt Autos entlangrollen. Michael Spiel hätte wegen diesem Bündel an Gründen darauf verzichtet, den Weg durch den Wald zu realisieren, zumal dadurch auch Flächen versiegelt worden seien. Stattdessen hätte er es besser gefunden, auf der K 1607 eine gestrichelte Linie für Pedaleure aufzubringen, die auch von Autos mitbenutzt werden kann – sofern kein Radler behindert wird. „Das wäre sicherer gewesen“, ist Spiel überzeugt. Wer schnell von Ab nach B gelangen wolle, bleibe ohnehin auf der Straße.

„Der von Dr. Spiel vorgeschlagene Radschutzstreifen ist bislang nur innerorts zulässig“, gibt Jan Trost allerdings zu bedenken. Und ein straßenbegleitender Radweg sei wegen der hohen Kosten, aber vor allem aus ökologischen Gründen verworfen worden. „Der Eingriff in den Wald wäre durch die größere Flächeninanspruchnahme erheblich gewesen. Mit der nun realisierten Trasse konnte in weiten Teilen auf das vorhandene Waldwegenetz zurückgegriffen werden“, erläutert der Marbacher Bürgermeister.

Klar sei, dass man mit einem klassischen Rennrad die neue Verbindung nur bedingt benutzen könne. Eingefleischte Rennradfahrer würden aber so oder so die Straße bevorzugen, bestätigt er Michael Spiel. Allerdings habe die Branche ein Gravel-Bike entwickelt. Dabei handele es sich um ein „Rennrad mit groberer Bereifung, mit dem man auch problemlos geschotterte Wege fahren kann“, berichtet Jan Trost. Wobei sich der Schotterbelag zusätzlich noch nachverdichten und setzen werde. Die Voraussetzungen für eine Tour mit den von Michael Spiel angesprochenen Fahrrad-Anhängern würden sich dadurch verbessern, wenngleich das auch heute schon möglich sei. Was die Topografie anbelangt, sieht der Bürgermeister keine Probleme. „Ich bin die Trasse selbst gefahren, im Vergleich zu anderen Radwegen gibt es keinen allzu steilen und langen Anstieg“, stellt er fest.

Keinen Hehl macht Jan Trost daraus, dass bei der Querung der L 1115 momentan äußerste Vorsicht geboten ist. „Allerdings gibt es bereits heute vergleichbare Situationen, zum Beispiel der stark frequentierte Waldweg zwischen dem Forsthof in Richtung Harzberg/Neuwirtshaus“, erklärt er. Und sämtliche Alternativrouten von Rielingshausen nach Aspach, die abseits der Straße verliefen, seien länger als die nun eingeweihte.