Die Pfeile treffen die Scheibe mit hoher Geschwindigkeit. Foto: Phillip Weingand

Der Schützenverein lockt Mitglieder mit Bögen und Vorderladern zum Training in den Hardtwald. Vor drei Jahren ist die Bogenabteilung gegründet worden.

Marbach-Rielingshausen - Nachdem Felix Morigl die Sehne seines Compoundbogens gespannt hat, atmet er kurz durch. Er nimmt die Zielscheibe ins Visier und öffnet die Finger seiner rechten Hand. Mit fast 300 Stundenkilometern zerschneidet der Pfeil die Luft. Ein dumpfes Geräusch verrät: Zumindest die Scheibe ist getroffen. Der 16-jährige Felix kneift die Augen zusammen. In der sengenden Mittagssonne erkennt man kaum, wo der Pfeil steckt. Ganz zufrieden ist der Schütze mit seinem Ergebnis nicht, er macht sich daran, sein Visier neu einzustellen.

Vor drei Jahren hat der Schützenverein (SV) Rielingshausen seine Bogenabteilung gegründet. Für viele, wie den Kassier Günter Klein, war der Schritt zu neuen Sportarten wichtig: „Winnenden hat alle Schützenvereine vorbelastet“, erzählt er. Winnenden – der Amoklauf im März 2009, bei dem ein 17-Jähriger 15 Menschen und sich selbst tötete. Mit der Waffe seines Vaters, eines Sportschützen. „Auch bei uns haben einige Mitglieder deswegen aufgehört“, sagt Klein. Der SV Rielingshausen will daher mit anderen Waffen zu einem besseren Image finden – und neue Mitglieder gewinnen. Das Konzept scheint aufzugehen: Fast 20 Mitglieder lassen inzwischen die Sehne sausen. Nicht alle von ihnen können sich auch für den Sport mit Pistolen und Gewehren begeistern. Etwa die Steinheimerin Claudia Horvath, die seit vergangenem Herbst dabei ist. „Beim Bogenschießen sind wir immer draußen, und nur Wandern wäre mir einfach zu langweilig“, sagt sie. „Hier kriege ich einen richtigen Kick.“ Andere brauchen für ihren Kick schon etwas Pulverdampf. Alle paar Minuten dringt ein lauter Knall nach draußen zu den Bogenschützen: Die Vorderlader sind eine weitere Rarität beim SC Rielingshausen. Die Gewehre sind zwar neu, aber Funktionsweise und Aussehen sind im Prinzip gleich wie bei historischen Feuerwaffen. Ein Gläschen mit Pulver, ein Schusspflaster zur Abdichtung, dann eine Bleikugel, Kaliber .45 – das aufwendige Laden jedes einzelnen Schusses gehört für die Schützen zum Erlebnis dazu.

Ähnlich wie das Pfeileholen bei den Bogenschützen. Das müssen aus Sicherheitsgründen alle zur gleichen Zeit. Jeder erkennt seine eigenen Pfeile wieder; am Trefferbild sieht er dann, was er an seiner Schusstechnik ändern muss. Angeleitet werden die Bogenschützen dabei von Volker Liebig und Thomas Maul. Letzterer versprüht einen Hauch von Wildem Westen im Rielingshäuser Schießstand. Mit seinem braun gebrannten Teint, den langen dunklen Haaren und dem Adler-Tattoo auf dem Oberarm könnte Maul durchaus als Indianer durchgehen. Doch mit Indianerspielen oder dem guten alten Flitzebogen hat die Ausrüstung der Bogenschützen nichts mehr zu tun. Die meisten nutzen sogenannte Recurvebögen, bei denen die Wurfarme mit unterschiedlicher Zugkraft auswechselbar sind. Stabilisatoren fangen das Zittern der Arme und Hände ab, wenn die Sportler die Scheiben in zehn, 18, 25, 30 oder 40 Metern Entfernung ins Visier nehmen. Noch moderner sind Geräte wie die Compoundbögen der beiden Brüder Felix und Moritz Morigl. Die High-Tech-Sportwaffen lassen selbst die Ausrüstung des Kino-Actionhelden John Rambo alt aussehen. Über Rollen, ähnlich denen eines Seilzugs, beschleunigen sie die Pfeile mit fast der doppelten Kraft eines herkömmlichen Bogens, ohne dass der Schütze dafür allzu viel Kraft aufwenden muss. Felix zielt zudem über ein Jagdvisier, dessen Markierungen im Dunkeln leuchten. „Damit könnte ich sogar in der Nacht schießen“, erklärt er, während er das Präzisionsinstrument einstellt. Jetzt ist er fertig und geht wieder nach draußen, in den Schießstand. Ein kurzes Durchatmen, dann saust der Pfeil wieder durch die Luft. Volltreffer – jetzt passt das Visier.