Drei Schichten des sauber gemauerten Gebäudes sind erhalten. Foto: Dominik Thewes

Im Bereich des Gruppenklärwerks Häldenmühle sind Siedlungsreste entdeckt worden. Derzeit wird das Areal freigelegt und dokumentiert.

Marbach - Derzeit stoppen die Arbeiten am neuen Radweg entlang der Landesstraße 1100 auf Höhe des Gruppenklärwerks Häldenmühle. Der Grund sind „römische Siedlungsspuren des zweiten bis dritten Jahrhunderts nach Christus“, wie Nadine Hilber, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums (RP) in Stuttgart, erklärt. Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes sind dabei, die Stelle freizulegen und zu dokumentieren. Sauber aufgereiht in drei Schichten tritt eine Mauer zu Tage. Daneben ist eine „verwirrende Vielfalt von Mauerzügen“ zu sehen, wie es Jürgen Berner, Beauftragter für Benningen und Umgebung des Landesdenkmalamtes, ausdrückt. Sie weisen womöglich auf Schreibstuben hin, denn als Lagerräume oder Schlafzimmer waren die kleinen Parzellen kaum nutzbar.

Das würde zur Theorie passen, dass es sich bei dem Gebäude um das Wohnhaus eines Kaufmanns oder gar des römischen Hafenkommandanten handeln könnte. In etwa auf Höhe des heutigen Gruppenklärwerks lag der römische Handelshafen von Benningen. Dass ein wohlhabender Zeitgenosse hier zuhause war, deuten auch weitere Funde an. „Wir haben Putzstücke in der originalen Wandfarbe offen gelegt“, so Berner. Außerdem sind Teile entdeckt worden, die zu einem Relief der Pferdegöttin Eponia gehören.

Und trotzdem: „Was wir hier gefunden haben, ist nicht so wertvoll, dass es dauerhaft freigelegt werden muss“, erklärt Jürgen Berner. Denn dadurch würden Folgekosten entstehen, etwa für den Frostschutz, die aus Sicht des Experten nicht gerechtfertigt wären.

Allerdings kommt am heutigen Donnerstag eine Runde zusammen, die festlegt, ob und wie gegebenenfalls der Radweg verlegt werden kann. Zwei Varianten sind denkbar. Entweder, das Gelände wird leicht aufgeschüttet und der Radweg führt direkt über die wieder aufgeschüttete Fundstelle. Oder der Weg wird etwas tiefer in den Hang verlegt. Pflicht sei aber, „dass mindestens eine Hinweistafel später auf den Fund hinweist“. Jürgen Berner könnte sich aber auch vorstellen, mittels Kopftsteinpflaster später das Ausmaß der derzeitigen Grabungsstätte sichtbar zu machen.

In dem Gebiet sind seit vielen Jahren römische Funde bekannt. Schon Simon Studion hatte im 16. und 17. Jahrhundert an dieser Stelle Altäre und Weihesteine gefunden, so Berner. Auch beim Bau der Kläranlage in den 1970er-Jahren sind Hinterlassenschaften der römischen Besiedlung gefunden worden.

„Der Verlauf und die Lage der nun gefundenen, verschiedenen Mauern zueinander zeigen, dass Um- und Anbauten an dem Gebäude erfolgten“, erklärt Nadine Hilber vom RP. Nach Aufgabe und Zerfall des Gebäudes seien die an der Oberfläche verstreuten Steine wiederverwendet worden. Dies wohl bis in die Neuzeit hinein, etwa für die angrenzende Weinbergmauer. Die geborgenen Funde werden im Landesdenkmalamt gereinigt, restauriert und wissenschaftlich bestimmt. Erst dann können Aussagen zur zeitlichen Eingrenzung getroffen werden.

Der Radwegbau wird so lange im angrenzenden Bauabschnitt fortgeführt. „Verzögerungen gibt es Stand jetzt keine“, sagt Hilber.