Die Band um Frontmann Stefan Hiss rockt den Schlosskeller. Foto: Assata Frauhammer

Die Band Hiss setzt seit 20 Jahren Akzente mit ihrer originellen Mischung aus Polka und Rock’n’Roll. Das ist jetzt auch im Marbacher Schlosskeller deutlich geworden.

Marbach - M

usik „für die menschlichen Problemzonen Bauch, Beine und Hirn“ hat es am Freitagabend im Marbacher Schlosskeller gegeben. Die Stuttgarter Band Hiss, die ihren Stil selbst als „Polka’n’Roll“ beschreibt, machte es unmöglich, still zu sitzen. Bereits seit zwanzig Jahren ist die Gruppe um Sänger und Akkordeonist Stefan Hiss mit schwarzhumorigen Texten und mitreißender Musik unterwegs. Aber auch nach über 2000 Konzerten und sieben CDs sind keinerlei Ermüdungserscheinungen erkennbar.

Die fünf Musiker hatten kaum im Scheinwerferlicht Platz genommen, da donnerten sie auch schon los. Mit „Polka für die Welt“ gaben sie zugleich das Programm des Abends vor: Die Liste der Einflüsse, die sich in der Musik von Hiss wiederfinden, ist lang und gleicht einer Reise um die Welt. Egal ob Blues, Country, lateinamerikanische Rhythmen, orientalische Melodien oder Südsee-Flair, alles wird kombiniert mit Rock und Polka und dem typischen Hiss-Sound von Mundharmonika und Akkordeon. Im Schlosskeller präsentierte die Band einen Querschnitt ihres Schaffens der vergangenen Jahrzehnte, Klassiker ebenso wie Titel des neuesten Albums „Das Gesetz der Prärie“, das 2013 erschienen ist.

Es mutete seltsam an, zur Musik von Hiss auf Stühlen zu sitzen, und so blieben nach der Pause auch einige Plätze leer. Zu groß war der Drang, mit zu tanzen und der Aufforderung von Stefan Hiss nachzukommen: „Du bist dick oder dünn, Jungfrau oder Stier, du wolltest gar nicht kommen, doch jetzt bist du hier, also tanz!“

Der Frontmann sorgte mit seinen trockenen Anmoderationen und Liedtexten außerdem für die Beanspruchung der Lachmuskeln. Schon die Songtitel zeigen das typische ironische Spiel mit Klischees und Absurditäten: „Begrabt mich bloß nicht in der Heimat“, „Die Schönste aller Plagen“ oder „Bier, Wurst und Tanzmusik“.

Es wurde allerdings schnell klar, dass die Hiss-Musik vom Zusammenspiel der Band-Mitglieder lebt. Das perfekt eingespielte Team ermöglichte es jedem, an seinem Instrument zu glänzen und mit virtuosen Soli zu begeistern. Michael Roth brachte das Publikum mit minutenlangem Mundharmonika-Spiel zum Staunen, Thomas Grollmus präsentierte sein Können an der E-Gitarre. Auch Schlagzeuger Bernd Öhlenschläger und Bassist Volker Schuh gaben immer wieder einfallsreiche Beats und groovige Passagen zum Besten.

Als Hiss zum ersten Mal von der Bühne abging, johlte das Publikum und forderte lautstark eine Zugabe. Auch mit den letzten vier Liedern erntete die Band dann Jubel und Applaus, obwohl Stefan Hiss das Ende der „Mitsing-Folk-Pop-Scheiße der letzten 20 Jahre“ und die Hinwendung der Band zum Jazz ankündigte. Gut gelaunt und sympathisch wie eh und je entließ Hiss ihr Publikum mit ihrem wohl bekanntesten Song „Tequila“ in die Freitagnacht. Viele haben den Schlosskeller mit einem Grinsen auf dem Gesicht verlassen. Kein Wunder, denn „Provinz und Polka haben schon immer gut zusammengepasst“, wie Stefan Hiss zuvor festgestellt hatte.