Atemnot? Marbachs Bürgermeister Jan Trost sucht den Schulterschluss mit umliegenden Gemeinden zur Senkung der in seiner Stadt über den Grenzwerten liegenden Stickoxidbelastung. Foto: dpa

Bürgermeister in der Region sind sich auch nach Urteil zu Diesel-Fahrverboten einig: Punktuelle Fahrverbote bringen wenig.

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten auf besonders belasteten Streckenabschnitten herrscht allenthalben Unsicherheit über die Umsetzung. In der Politik wird über die Blaue Plakette oder Diesel-Nachrüstung gestritten. Auch in den Rathäusern in der Region sieht man die Entwicklung mit Spannung. Das etwas getan werden muss, ist klar: In Marbach lag der Jahresmittelwert der Stickoxide 2017 bei 55 Mikrogramm, in Pleidelsheim bei 47. Erlaubt sind höchstens 40 Mikrogramm im Jahresmittel.

In Marbach gelten seit einigen Monaten Tempo 30, dies aber nur aus Lärmschutzgründen. Ob die Tempobeschränkung auch zu einem Rückgang der Schadstoffbelastung führt, wird erst Ende diesen Jahres bekannt sein. Die Erkenntnisse werden jedenfalls in weitere Maßnahmen einfließen, ist der Marbacher Bürgermeister Jan Trost sicher. „Mit 55 Mikrogramm liegen wir landkreisweit an der Spitze, es muss auf jeden Fall etwas geschehen.“ Von Insellösungen hält Trost aber wenig. „Wir müssen das im Schulterschluss mit den umliegenden Gemeinden angehen.“ Gleich am Dienstag waren er und sein Steinheimer Kollege Thomas Winterhalter gemeinsam zu einem Gespräch im Regierungspräsidium. „Das Thema gewinnt nach dem Urteil jetzt deutlich an Fahrt.“ Bevor man die „harte Keule“ Fahrverbote auspacke, sollen aber zunächst andere Maßnahmen geprüft werden, zum Beispiel ob flächendeckend Tempo 30 eine bessere Luftqualität bringen würde.

Mit dem Kollegen Torsten Bartzsch aus Murr ist sich der Marbacher Bürgermeister Trost einig, dass der Ausbau der Knotenpunkte entlang der L1100 von der Oehlerkreuzung über Murr Richtung Autobahn sehr dringend ist. „Der Rückstau produziert viele unnötige Abgase.“ Ebenso ist man sich mit Affalterbach und Steinheim einig, dass der Durchgangsverkehr vor allem der Lastwagen von der B14 über die auszubauende L1115 zur Autobahn gelenkt werden muss. „Da sind jetzt das Regierungspräsidium und das Landratsamt am Zug“, so Trost.

In Pleidelsheim wurden mit dem Luftreinhalteplan in der Umweltzone seit 2010 Maßnahmen wie das Lkw-Durchfahrverbot ergriffen. Der Jahresmittelwert bei den Stickoxiden sank von 73 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahr 2005 auf jetzt 47 Mikrogramm, was aber immer noch über dem erlaubten Grenzwert liegt.

Insofern rechnet der Pleidelsheimer Bürgermeister Ralf Trettner mit weiteren Maßnahmen. Man müsse abwarten, welche Regelungen vom Land beziehungsweise vom Regierungspräsidium kommen werden. Punktuelle Fahrverbote hält Trettner nicht für ausreichend, zumal die Hintergrundbelastung aufgrund der Autobahn in Pleidelsheim eine große Rolle bei der Schadstoffbelastung spielt. Er habe die Andeutungen auch schon gehört, dass eher ein überregionales Fahrverbot wahrscheinlich sein werde. Dies würde aber Regelungen wie die Blaue Plakette voraussetzen. Trettner ist sich sicher: „Grundsätzlich wird man auch in Pleidelsheim um das Thema Dieselfahrverbote nicht herumkommen.“

Verkehrsminister Winfried Hermann hatte nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bekannt gegeben, die Luftreinhaltepläne umgehend zu überarbeiten. Zu den wirksamen Maßnahmen „zur schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid“  können auch „Verkehrsbeschränkungen für Fahrzeuge mit einem hohen Schadstoffausstoß“ gehören. Einen „Flickenteppich unterschiedlicher Maßnahmen“ lehnt allerdings auch der Minister ab.