In der Nähstube ist immer etwas los. Foto: Sandra Brock

In der Nähstube ist eigentlich immer etwas los – besonders viel aber vor dem 18.-Jahrhundert-Fest. Dann unterstützen die Ehrenamtlichen fast im Akkord.

Marbach - Als Petra Weiß im Jahr 2009 auf dem 18.-Jahrhundert-Fest war, hat sie sich eines fest vorgenommen. Zum nächsten Fest dieser Art wird sie gewandet kommen. Am Wochenende vom 7. und 8. Mai ist es jetzt soweit: Dann steigt die dritte Auflage der Veranstaltung– und Petra Weiß wird ein Gewand tragen. Es wird selbst geschneidert sein: ein einfacher Rock, eine Schürze, eine Bluse, ein Häubchen. Der Stoff dafür ist aus Leinen, sie hat ihn aus dem Laden einer Freundin bekommen.

Wie nun aus dem Stoff etwas Historisches zum Anziehen wird, das erfährt Petra Weiß in der Nähstube. Helga Widler erklärt ihr, wie die Falten in den Rock kommen und steckt den Bund mit Nadeln ab.

Speziell vor den Festen häufen sich Anfragen wie die von Petra Weiß – und das Nähstuben-Team steht gerne mit Rat und Tat zur Seite, zeigt Schnitte, erklärt die Technik, zeichnet auf, steckt ab und greift auch mal selbst zur Nadel. Ganze Familien kleiden sich für das 18.-Jahrhundert-Fest ein und brauchen etwas Unterstützung beim Anpassen und Nähen.

2008, ein Jahr vor der ersten Ausgabe des 18.-Jahrhundert-Festes im Schillerjahr 2009, ist die Nähstube ins Leben gerufen worden. Von der ersten Unterkunft in der Marktstraße ging es schon bald in die Räume in der Rosengasse 6. Auch das Team ist noch das gleiche wie am Anfang: Sabine Stängle, Ursel Pressel, Helga Widler, Regina Deppe und Judith Nägele sind die fünf Damen, die die Nähstube regelmäßig für die Besucher öffnen. Und das nicht nur im Vorfeld eines jeden 18.-Jahrhundert-Festes in Marbach. Auch sonst ist immer am vierten Mittwoch im Monat offen, ebenso wie montags außerhalb der Schulferien – jeweils von 16 bis 18 Uhr.

Dann hat das Nähstuben-Team auch Zeit, den Fundus wieder aufzufüllen. Denn teilweise werden die Stücke sogar verkauft. Verliehen wird ebenfalls viel – an Theatergruppen, aber auch an Einzelpersonen, die nicht selbst nähen möchten.

Es kommt aber auch vor, dass in der Nähstube „Fremdveranstaltungen“ bedient werden. Aktuell verschlägt es natürlich den einen oder anderen Erdmannhäuser nach Marbach, der sich Hilfe für sein Gewand bei der großen Festmeile zum Ortsjubiläum holt. „Aber auch Kostümgruppen aus Ludwigsburg oder Schwäbisch Hall waren schon da und haben sich Schnitte geholt“, berichtet Ursel Pressel. „Die gehen dann auf die ganz großen Festivals.“ Großteils würden es gerade diese Gruppen dann auch ganz genau nehmen mit der Historie. „Da wird dann nicht mit der Nähmaschine genäht“, weiß Helga Widler. Solche Dinge sieht man in Marbach nicht ganz so eng. Es sei ebenso erlaubt, beim Nähen die Maschine zu nutzen, wie auch, beim Fest zum Gewand eine Brille aufzusetzen. „Bevor jemand irgendwo dagegen läuft . . .“, meint Ursel Pressel augenzwinkernd.

Die Marbacherin bietet übrigens auch Nähkurse für Schüler an. Sowohl Jugendliche aus der Anne-Frank-Schule als auch aus dem Friedrich-Schiller-Gymnasium kommen in die Nähstube, um sich ein historisches Gewand zu schneidern. „Da geht es hier dann zu wie im Bienenstock“, berichtet Ursel Pressel.

Allerdings kommen zu den Schüler-Nähkursen fast immer nur Mädchen. Das findet sie ein bisschen schade. Ein einziger Junge hat sich in all den Jahren mal ein historisches Gewand genäht, berichtet Ursel Pressel. „Sonst hat sich noch keiner hergetraut. Leider.“