Tobias Frühauf und Philipp Wolpert haben zuletzt die „Schachnovelle“ in Marbach inszeniert. Nun wagen sie sich an ein ganzes Theaterfestival. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Bei den ersten Marbacher Theatertagen werden vier Stücke gezeigt. Die Intendanten kalkulieren mit rund 2800 Besuchern.

Marbach - Mit dem Marbacher Sommertheater hat Südlich vom Ochsen eine Marke geschaffen, die weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Es ist stark anzunehmen, dass die Kulturmacher diesen Erfolg mit ihrem neuesten Projekt sogar toppen werden: Unter der Federführung von Philipp Wolpert und Tobias Frühauf stemmt der Verein vom 28. Juni bis zum 22. Juli die ersten Marbacher Theaterfestspiele. Das Publikum darf sich auf vier Produktionen freuen, die auf dem Burgplatz und im Schlosskeller gezeigt werden. „Ich bin optimistisch, dass es etwas Besonderes wird“, sagte der Bürgermeister und Schirmherr Jan Trost gestern bei einer Pressekonferenz. „Ich denke, wenn es erfolgreich verläuft, schreit es auch nach einer Fortsetzung“, betonte er.

Dagegen hätten gewiss auch Philipp Wolpert und Tobias Frühauf nichts einzuwenden, die die Idee zu dem Großevent ausgetüftelt haben. „Wir hatten schon immer eine Vision. Die Vision war, dass es ganz toll wäre, wenn man jungen Künstlern die Möglichkeit gibt, mit professionellen Akteuren auf der Bühne zu stehen“, erklärte Philipp Wolpert den Ausgangspunkt der Überlegungen. Mit dieser Idee sei man auf die Stadt und Südlich vom Ochsen zugegangen. Von beiden Seiten habe man großen Zuspruch erfahren, sodass das Projekt umgesetzt werden konnte.

Und in der Tat wirken nun bei dem Event Akteure zusammen, die mit der Schauspielerei ihre Brötchen verdienen, und junge Darsteller aus dem Raum Marbach, die ein Faible für Bühnenkunst haben. Ziel sei auch, alle Altersgruppen anzusprechen, sagte Frühauf. „Im Programm soll für jeden etwas dabei sein“, kündigte er einen breiten Genremix an. Der 24-jährige Dramaturg und sein 21-jähriger Kompagnon Philipp Wolpert, der sich dem Regiefach verschrieben hat, wollen erreichen, dass sich die Festspiele zu einem kulturellen Nabel der Region in Sachen Freilichtspiele entwickelt.

Dafür geht das blutjunge Intendantenduo in die Vollen. Insgesamt sollen im Sommer mit einem Ensemble von 13 Schauspielern 29 Vorstellungen auf die Beine gestellt werden. Kalkuliert hat man mit einer Auslastung von 60 Prozent, womit am Ende rund 2800 Zuschauer die Vorstellungen besucht haben würden.

Der Vorhang fällt zum ersten Mal am Donnerstag, 28. Juni, auf dem Burgplatz für den Lessing-Klassiker „Emilia Galotti“. Ein Stück, das schon rauf- und runtergespielt worden sei, wie Tobias Frühauf konstatierte. Genau deshalb hat sich der Marbacher an eine neue Fassung gemacht. Von Lessing blieben im Prinzip nur noch die Grundhandlung und Zitate übrig, erklärte er. Frühauf schuf auf dieser Basis ein groteskes Schauspiel, in dem sich überzeichnete Figuren tummeln und das vor schwarzem Humor nur so strotzt, wie Regisseur Philipp Wolpert ausführte. Das Experimentalstück knüpft auch an aktuelle Diskussionen um Sinn und Unsinn von Privatisierungen und die Politikverdrossenheit an.

Ein Stück für die ganze Familie ist „Der kleine Prinz“, den Leah Wewoda vom 1. Juli an auf dem Burgplatz inszenieren wird. „Das Ziel ist, Erwachsene durch Kinderaugen sehen zu lassen“, erklärte die 20-Jährige. Die Marbacherin will mit einer „starken Bildsprache“ und einem goldenen Faden als Leitmotiv arbeiten. Es sind auch spezielle Aufführungen nur für Schulklassen geplant. „Der kleine Prinz“ startet jeweils schon um 11 oder um 15 Uhr und verwendet als Grundbasis das Bühnenbild von „Emilia Galotti“, die abends zu sehen sein wird.

Wer gerne in die Welt der 20er-Jahre eintaucht, dürfte bei dem Ein-Personen-Stück „Heut geh’n wir morgen erst ins Bett“ von Fabian Egli voll auf seine Kosten kommen. Der Vaudeville-Chansonabend feiert seine Uraufführung am 5. Juli um 20 Uhr im Schlosskeller. Im Mittelpunkt stehen Lieder aus dieser wilden Zeit, die nicht zuletzt durch die gefeierte Serie „Babylon Berlin“ derzeit in aller Munde ist. Fabian Egli präsentiert 20 bekannte und weniger bekannte Titel auf der Bühne, die in eine Liebesgeschichte eingebettet sind.

Last, but not least zeigen Philipp Wolpert und Tobias Frühauf „Vergessen – literarische Lethe“ zweimal im Schlosskeller. Die erste Vorführung ist auf den 16. Juli terminiert. Die Geschichte wird anhand eines fiktiven Verlegers aufgespannt, der von den Wirren des Ersten Weltkriegs bis zur NS-Zeit begleitet wird. Das Publikum erfährt zu Chansons und Experimentalmusik etwas über das Schicksal von Schriftstellern aus diesen Jahren.

Für die Ausstattung zeichnen die Marbacher Künstlerbrüder Manuel und Felix Seiter verantwortlich, die auf dem Burgplatz zudem das Bühnenbild kreieren werden. Als Sponsoren konnte Südlich vom Ochsen den Stadtmarketingverein und die Stadt Marbach sowie die Mittelständler Huober Brezel und Thera-Vent gewinnen.