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Der Verein und die Architekten haben die Pläne im Gemeinderat vorgestellt. Läuft alles nach Plan, wird Ende 2016/Anfang 2017 eingeweiht.

Marbach - Mit einem Testament hat alles angefangen, mit einem Museums-Neubau soll es enden: Der Tobias-Mayer-Verein hat in der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend das Geheimnis um die Zukunft des Breitenbücher-Hauses am Göckelhof gelüftet. Entstehen soll bis Ende 2016/Anfang 2017 ein moderner Baukörper direkt neben dem Geburtshaus von Tobias Mayer in der Torgasse.

Dort ist momentan im Erdgeschoss auf 18 Quadratmetern die komplette Ausstellung zu dem Astronomen, Mathematiker und Kartografen untergebracht. „Eine Herausforderung“, wie es der Vorsitzende des Tobias-Mayer-Vereins, Armin Hüttermann, ausdrückt. Die oberen Etagen sind vermietet, was Geld in die Vereinskasse spült. Nebenan, im Göckelhof, wohnte bis zu seinem Tod im August 2011 Hermann Breitenbücher. Der Marbacher Landwirt war dem Tobias-Mayer-Verein stark verbunden. Er verkaufte nicht nur Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt zugunsten des Vereins. Er bedachte ihn auch in seinem Testament.

Hermann Breitenbücher vermachte dem Tobias-Mayer-Verein seine komplette Bibliothek, die Aufbauten für seinen Wochenmarktstand samt Schirmen, den Elektroherd mit Kabel und Geschirr für den Weihnachtsmarkt – und das Übernahmerecht für sein Haus. Weil den Erben, so berichtete Armin Hüttermann, schnell klar war, dass allein der Abriss mehr kosten würde, als das Haus wert ist, verkauften sie es dem Tobias-Mayer-Verein zu einem symbolischen Preis von einem Euro. Weil der frühere Bürgermeister Herbert Pötzsch allerdings den Euro schneller aus dem Portemonnaie kramen konnte als Armin Hüttermann, „bekamen wir das Haus letztlich geschenkt“, so der Vorsitzende. Das war im August 2012.

Das Problem war, dass sich das Gebäude nicht für die museale Nutzung eignete. „Die Bausubstanz ist nicht besonders gut“, erklärte Hüttermann. Hinzu komme, dass die Räume relativ klein sind, im Obergeschoss schräge Decken haben und nicht barrierefrei sind.

Eine Wunschliste wurde im Verein erstellt. Unter anderem stand darauf, dass auch künftig das Museum im Geburtshaus untergebracht sein und das Breitenbücherhaus als Erweiterungsbau dienen soll sowie Wechselausstellungen möglich sein können. Hinzu kommen Räume für Veranstaltungen im Museum, eine Möglichkeit zur Himmelsbeobachtung, eine Bibliothek, ein Archiv, ein Vereinsbüro, ein Museumsshop sowie ein behindertengerechtes WC. Zwei Architekten wurden damit beauftragt, Entwürfe zu fertigen. Heraus kam unisono: „Das, was ihr euch vorstellt, geht nur, wenn man das Haus neu baut“, berichtete Hüttermann.

Folglich soll das alte Haus im Göckelhof abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Im Januar bekam das Architektenbüro Knappe den Auftrag, in der jüngsten Gemeinderatssitzung stellte der Junior-Chef Tobias Knappe die Pläne vor. „Wir haben einen modernen, reduzierten Baukörper entwickelt“, so der Architekt. Dieser füge sich prominent in die Ecklage am Göckelhof ein. Die Fassade ist relativ geschlossen, im oberen Bereich löst sie sich aber durch sechseckige Fensteröffnungen auf, die an die Form der Segmente des Farbdreiecks angelehnt sind, das Tobias Mayer 1758 entwickelt hat.

Eine weitere Idee der Architekten ist es, das bestehende Breitenbücher-Haus als Baumaterial in das neue Gebäude zu integrieren. Dazu sollen die beim Abbruch gewonnenen Ziegelsteine zermahlen werden und in der Innenwandverkleidung des Gebäudes wieder verwendet werden.

Überhaupt, das Innere: hinein geht es, so der Plan, nahezu zentral zwischen den beiden Gebäuden. Links ist der Museumsshop untergebracht, rechts geht es zum Durchgang ins Geburtshaus Tobias Mayers. Dort wird es weiterhin Informationen zum Leben des neben Friedrich Schiller zweiten großen Sohnes der Stadt geben.

Im Erdgeschoss des Museums im Neubau soll ebenfalls eine Dauerausstellung untergebracht sein, im ersten Stock ist Platz für eine Wechselausstellung. Diese ist unter anderem deshalb wichtig, um mehr Menschen anzulocken. Bisher stagniert die Anzahl der Besucher bei etwa 800 jährlich – wenn nicht gerade ein Schiller- oder Tobias-Mayer-Jahr ansteht. Aber was wolle man bei einem Ausstellungsraum von 18 Quadratmetern schon erwarten?, fragte Hüttermann. Jeder, der das Museum bereits gesehen habe, komme kaum ein zweites Mal.

Platz soll im Neubau auch für Vorträge und für eine Bibliothek sein. Zudem soll es die Möglichkeit geben, von einer Terrasse auf dem Dach bei gutem Wetter die Sterne zu beobachten. Bei schlechtem Wetter lockt das Baader-Planetarium im Gewölbekeller. Unter anderem Schulklassen kann sich Armin Hüttermann als Nutzer dieser weiteren Angebote vorstellen.

Genügend Zeit, das Museum anzuschauen, soll es jedenfalls geben. Derzeit ist das Haus in der Torgasse nur sonntags geöffnet. Die Öffnungszeiten sollen künftig jedoch ausgedehnt werden, so Hüttermann. An drei bis vier Tagen soll das Museum dann zugänglich sein. Dazu werden voraussichtlich eine 450-Euro-Kraft angestellt und verstärkt ehrenamtliche Aufsichtspersonen eingesetzt. Zudem plant der Verein, künftig auch Eintrittsgeld zu verlangen. Bislang sei das bei einem einzigen Ausstellungsraum nicht vermittelbar.

Mit den Plänen ist er jedenfalls glücklich: „Wir können fast alles, was wir uns vorgenommen haben, umsetzen.“ Was die Kosten angeht, rechnet der Vereinsvorsitzende mit rund einer Million Euro. Wobei er Zahlen nur ungern nennen möchte, „weil die Kosten schlicht noch nicht feststehen“. Fest steht indes, dass sich der Verein verpflichtet, 100 000 Euro an Eigenmitteln aufzubringen. Weitere 200 000 Euro – also etwa 15 Prozent der Gesamtkosten – erhofft sich der Verein von der Stadt. Zudem bemühe man sich, weitere Sponsoren zu finden.

Bei den Marbacher Stadträten kam das Konzept jedenfalls an. Heinz Reichert (SPD) ist überrascht, welche Möglichkeiten es auf einem relativ engen Raum gibt – „durch geniale Planung. Unser zweiter großer Sohn wird hier gebührend gewürdigt.“ Dr. Michael Herzog (FW) findet den Plan „toll“ und „wirklich gut durchdacht“. Jürgen Waser (Grüne) freut sich mit dem Tobias-Mayer-Verein: „Das geplante Museum wird mit Sicherheit eine Bereicherung für die Stadt.“ Und auch Jochen Biesinger (CDU) beglückwünschte den Verein. „Da wird einem prominenten Marbacher ein prominentes Gebäude gewidmet.“ Zudem biete das Museum für die Arbeit an den Schulen tolle Möglichkeiten. „Mit jedem weiteren Blick fasziniert es mich mehr.“

Das geht Hendrik Lüdke zwar etwas anders: Was das Äußere des Neubaus angehe, „fremdle ich noch etwas“, so der Puls-Rat. „Aber vielleicht täusche ich mich.“ Das Innere jedenfalls gefalle ihm gut. Insgesamt übertreffe das Mayer-Haus am Ende wohl Schillers Geburtshaus.

Der Bürgermeister Jan Trost sieht das Ganze „auch für uns als Stadt als sehr wichtiges Projekt“ an. Hier könne man einen städtebaulichen Anker setzten und dazu beitragen, dass die Altstadt attraktiver wird. Mit dem Bau werde ein neuer Anziehungspunkt geschaffen.