Das Thema Mieten treibt die Kommunen um. Foto: dpa-Zentralbild

Rechtssicherheit verspricht sich die Stadt Marbach von einem eigenen Mietspiegel. Bislang hat sich die Kommune am Ludwigsburger Spiegel orientiert und abgeschlagen.

Marbach - Jetzt liegt er auf dem Tisch: Der erste Mietspiegel der Stadt Marbach. 23 Seiten stark ist das Dokument für das Jahr 2018, das der Statiker Ulrich Stein zusammen mit der Vorsitzenden des Vereins Haus & Grund Region Ludwigsburg, Helga Schneller, im Verwaltungsausschuss am Donnerstagmittag präsentiert hat.

Immer wieder sei die Verwaltung in den vergangenen Monaten auf das Thema Mietspiegel angesprochen worden, berichtete der Erste Beigeordnete der Stadt, Gerhard Heim. Bisher habe man an die Stadt Ludwigsburg verwiesen, die einen Mietspiegel habe. „Üblicherweise wurde für Marbach zur Bemessung der Miete ein Abschlag in Höhe von zehn Prozent gemacht.“ Seitens des Gemeinderates müsse der jetzt vorliegende Marbacher Mietspiegel nicht formal beschlossen, sondern lediglich anerkannt werden – was am Ende der Präsentation und einer kurzen Diskussion denn auch erfolgte.

Der Marbacher Mietspiegel, erläuterte Ulrich Stein, sei Teil eines vom Deutschen Mieterbund und dem Verein Haus & Grund Region Ludwigsburg initiierten Gesamtprojektes. Das Gerüst bilde der Ludwigsburger Mietspiegel. Nach Fläche und Baujahr werde eine Wohnung bepreist. „Das ist dann der Grundpreis“, so Stein. Ausstattung und Lage senken oder erhöhen dann den Grundpreis – je nachdem.

Der erstellte einfache Mietspiegel kann nur auf Wohnungen im freien Markt angewandt werden, die bis Ende Juni 2018 gebaut worden sind. Er gilt nicht für Dienst- und Werkswohnungen oder Ferienwohnungen. Aufgrund der Seltenheit auf dem Mietmarkt in Marbach wurde keine ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen mit Wohnflächen unter 25 und mehr als 150 Quadratmeter ausgewiesen. Mit Blick auf den Ludwigsburger Mietspiegel betrage der Preisabstand für den Stadtteil Hörnle und Eichgraben 13 Prozent und für Rielingshausen und Siegelhausen 22 Prozent. Für Marbach als Gesamtheit beträgt der Abstand acht Prozent.

Der erstellte Mietspiegel sei wichtig für den Rechtsfrieden, betonte Heinz Reichert (SPD). Dennoch entscheide am Ende der Markt. Die Nachfrage nach Wohnraum sei relativ groß in Marbach, der Spiegel sei als Anhaltspunkt wichtig für Mieter und Vermieter. Auch Ulrich Frech (CDU) ist froh über das Werk. Bislang habe man nur mit einem Provisorium gearbeitet. „Dieser Mietspiegel gibt uns nicht nur Rechtsfrieden, sondern auch Rechtssicherheit. Er war schon längst überfällig und ich bin froh über dieses Werkzeug. Damit können wir noch effektiver arbeiten.“

Sebastian Engelmann von den Grünen wies darauf hin, dass er letztendlich aber nur eine unverbindliche Orientierung sei. „Nicht mehr und nicht weniger. Es ist keine staatliche Festsetzung. Der Aufschlag kann beträchtlich sein.“ Darüber hinaus hakte Engelmann nach, wie man zu den Daten gekommen sei. „Über Immoscout“, so die Antwort von Ulrich Stein. „Wobei man da nicht die Marktmieten hat, sondern die ortsüblichen Bestandsmieten.“ Schneller wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass alle Kommunen im Landkreis möglichst schnell Mietspiegel bräuchten, da das Land den Bau von Wohnungen fördere und ein Mietspiegel gefordert werde.

Der Mietspiegel soll eine ortsübliche Vergleichsmiete ermitteln. „Insoweit haben Mieter eine Vergleichsmöglichkeit. Das ist grundsätzlich positiv“, befand Hendrik Lüdke von der Gruppe Puls. Bei bestehenden Vermietungen nutze das den Mietern allerdings wenig. Denn der Mietspiegel könne als Begründung für den Wohnungseigentümer und Vermieter dienen, eine Miete zu erhöhen. Der Mieter dagegen kann ihn aber nicht für eine Mietzinsminderung nutzen. Und selbst bei Neuvermietungen könne der Mieter nach Kenntnis des Mietspiegels einen zu hoch vereinbarten Mietzins nicht einseitig reduzieren, ohne eine Kündigung befürchten zu müssen. Denn in Marbach gelte, anders als etwa in Freiberg, die Mietpreisbegrenzungsverordnung Baden-Württemberg nicht. „Deshalb sollte die Stadt dringend die Landesregierung auffordern, die Mietpreisbegrenzungsverordnung auf die Stadt Marbach auszudehnen“, so Lüdkes Forderung. Wohnen ist ein Grundrecht. Es kann nicht sein, dass bis zu 40 Prozent des Haushaltseinkommens für das Wohnen draufgeht.“

Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern sieht den Mietspiegel als Sicherheit für alle Seiten. Verwundert zeigte er sich über die Gleichstellung der Stadtteile Rielingshausen und Siegelhausen. „Ich möchte den Siegelhäusern nicht zu nahe treten, aber das ist doch JWD.“ Ulrich Stein verwies auf den regionalen Kontext, der stimmig sein müssen. „Man muss das auch in Bezug auf die Nachbarorte sehen. Außerdem war es nicht möglich, etwas Fundiertes über Siegelhausen zu sagen.“ Gerhard Heim merkte mit einem Schmunzeln an, dass es im Immoscout vermutlich keine Vergleichswerte für Siegelhausen gebe.