Foto: Werner Kuhnle

Die Klasse 8g des Marbacher Friedrich-Schiller-Gymnasiums stellt ihre Kunstwerke im Stuttgarter Haus der Heimat aus.

Marbach - Expressionistische Künstler drücken in ihrem Werk häufig Ängste aus – vor Krieg, Tod oder Verfolgung. Was können Schüler heute noch mit diesen Werken anfangen? Das Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg in Stuttgart hat zusammen mit der Klasse 8g des Friedrich-Schiller-Gymnasiums und deren Kunstlehrerin Anna Gönner ein Experiment gewagt. Ende November besuchten die 31 Gymnasiasten die aktuelle Ausstellung mit Grafiken der drei so genannten „Pathetiker“ Ludwig Meidner, Jakob Steinhardt und Richard Janthur.

In zwei Gruppen unterteilt, verfassten sie eine positive und eine negative Kritik zu den gezeigten Schwarzweißgrafiken, erzählte Diane Dingeldein, die beim Haus der Heimat für die Jugendarbeit zuständig ist. Außerdem galt es, Gemeinsamkeiten der Werke zu entdecken und Gefühle beim Betrachten der Bilder zu notieren. Dann wurden die Jugendlichen mit der Aufgabe nach Hause geschickt, herauszufinden, wie man negative Gefühle hundert Jahre nach dem Expressionismus künstlerisch zum Ausdruck bringen kann. „Es war von Anfang an geplant, mit den Bildern der Schüler eine Ausstellung zu machen“, sagte Anke Sattel vom Haus der Heimat. „Was uns jedoch positiv überrascht hat, ist die Qualität der Werke.“

Die Schwarzweißbilder der Jugendlichen, allesamt Linolschnitte, zeigen, dass manche Ängste immer gleich bleiben, während andere neu hinzukommen. Friedhöfe, Kriege, der Sensenmann, ein Vulkanausbruch oder eine Riesenwelle – das sind Motive, die es auch schon zur Zeit der Pathetiker gab oder hätte geben können. „Jeder hat Angst vor dem Tod“, brachte es Azize auf den Punkt. Einige Schüler griffen aber auch ganz Aktuelles auf. Luca etwa entschied sich dafür, das Motiv „Charlie Hebdo“ künstlerisch umzusetzen und begründete dies auf Nachfrage mit: „Das hat Einfluss auf unsere jetzige Zeit.“ Sarah wiederum gab den Anschlag auf eine Moschee in Nigeria wieder. Das Motiv sei ihr „einfach so“ eingefallen, sagte sie. „Angst wie gedruckt“ lautet der Titel, den die jungen Künstler dem Gesamtwerk verliehen.

Anna Gönner berichtete, am Anfang sei den Schülern das Thema sehr schwer gefallen. „Aber nach einem Gespräch über apokalyptische Darstellungen ging es auf einmal rasend schnell.“ In gerade einmal acht Wochen seien die Ideen umgesetzt worden.

Zur gestrigen Vernissage mussten die Schüler noch einmal ran: Auf Klemmbrettern sollten sie Titel für ihre Bilder notieren und auch zwei, drei Sätze zur Erklärung dazu. „Damit die Besucher der Ausstellung besser verstehen, was ihr mit euren Bildern sagen wollt“, erläuterte Diane Dingeldein ihren Wunsch, der den Schülern zunächst nicht so recht behagte. In der Diskussion mit den Klassenkameraden wurde aber auch dieses Problem gelöst. „Der Tod oder der Sensenmann – was findest du besser?“ wollte etwa eine Schülerin von ihrer Freundin wissen. Letzten Endes wurde es dann der Sensenmann. Ein paar Mutige ließen sogar ein Video von sich drehen, in dem sie einige Fragen zu ihren Bildern beantworteten. Auch das ist als Hilfe für die Ausstellungsbesucher gedacht.

Diane Dingeldein überreichte als Dank an die Klasseprecher der 8g einen vorerst symbolischen Scheck über 150 Euro für die Klassenkasse.