Waldkatze Lili bekommt Fäden im Maul gezogen und kann endlich wieder richtig futtern. Foto:  

Tierärztin Tanja Dillenburger und ihr Team kümmern sich ganzheitlich um Vierbeiner und ihre Besitzer.

Marbach - Mit ’nem Teelöffel Zucker nimmst du jede Medizin“, wusste schon das legendäre Kindermädchen Mary Poppins. Und auch die Marbacher Tierärztin Tanja Dillenburger macht sich diesen Effekt zunutze. „Ich versuche immer erst mal, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen, indem ich mit den Tieren rede und ihnen was Gutes anbiete“, erklärt sie. So lösche man gleich die negative Erfahrung – Tierarzt – mit einer positiven: Leckerli. Meistens klappt das ganz gut. Es gibt aber auch Patienten, bei denen man trotzdem vorsichtig sein muss: „Katzen haben fünf Waffen“, erklärt sie schmunzelnd. „Sie können beißen und haben vier Pfoten mit Krallen.“

Die Samtpfoten an diesem Vormittag sind allerdings friedlich. Lili, eine wuschelige, mehrfarbige norwegische Waldkatze ahnt vielleicht, dass ihr nun endlich die blöden Fäden im Maul gezogen werden und sie wieder richtig fressen darf. Seit ihr wegen einer Krankheit die Backenzähne entfernt werden mussten und sie während der Heilungsphase nur Püriertes bekam, sei sie „mit der Esserei ganz arg unglücklich gewesen“, erzählt ihre Besitzerin Andrea Reif der Tierärztin, die auch feststellt, dass Lili abgenommen hat. Die angebotenen Leckerli sind jetzt natürlich schnell verschwunden. Genauso schnell kriecht die Katze dann aber wieder in ihre Transportbox, als ob sie sagen wollte: „Jetzt aber nix wie raus hier!“

Lucy, eine hübsche Schwarze mit weißem Kragen und ebensolchen Pfötchen, zeigt sich dagegen als echte Diva und lässt sich nicht so einfach bestechen. In die Box will sie nach der Impfung auch nicht wieder zurück. Die angehende Tierarzthelferin Maren Wiesener und die peruanische Tierärztin Patricia Huaman, die derzeit in Marbach ein Praktikum macht, müssen sie ein wenig schieben. Während die Helferin anschließend noch den Behandlungstisch desinfiziert, erzählt Tanja Dillenburger , dass nun wirklich ein Problemfall kommt.

Die erst drei Jahre alte Labradormischlingshündin Luna, ein ehemaliger Straßenhund, hat in ihrem Leben schon viel mitgemacht: Staupe, Ehrlichiose und einen Oberschenkelhalsbruch. „Der fiel uns auf, weil sie humpelte“, sagt Herrchen Volker Urbatschek. Ob ihre derzeitigen Beschwerden noch Überbleibsel der Staupe sind, könne man nicht mit Sicherheit sagen, meint die Veterinärin und schlägt eine Ausleitung vor. „Versprechen kann ich nichts, aber einen Versuch ist es auf jeden Fall wert“, erklärt sie. Generell setzt sie in der Behandlung auf ganzheitliche Medizin. „Das beste ist der Mittelweg zwischen Schulmedizin und alternativen Methoden“, ist sie überzeugt und betont: „Wir heilen nicht, wir schaffen nur optimale Verhältnisse. Den Rest erledigt die Natur.“ Ein vollausgerüsteter Operationssaal gehört aber auch zur Praxis.

Nicht nur ihr Vorgehen bei der Behandlung erläutert die Veterinärin, auch die verschiedenen Fragen, der Tierhalter beantwortet sie geduldig und verständlich. Meistens kommen Katzen und Hunde in ihre Praxis, doch auch Kaninchen, Meerschweinchen, zahme Ratten und Degus sind darunter, seltener auch mal ein Vogel. Die meisten sind langjährige Patienten wie beispielsweise der Parson Jack Russel Terrier Ludwig. Der 13-jährige Hundeopa verströmt während der ganzen Behandlung gute Laune. „Der liebt Tierarzt“, berichtet sein Frauchen Elisabeth Sautter, und Ludwig wackelt fröhlich mit der Rute, obwohl ihm gerade die Fäden von einer Warzen-OP gezogen werden.

Wahrscheinlich weiß er, dass eine Belohnung auf ihn wartet. Und tatsächlich: Während er hinten noch eine Spritze mit einem Impfpräparat bekommt, werden ihm vorne Leckerli serviert. Und die sind offenbar so gut, dass er gar nicht wieder gehen möchte. Frauchen ist schon halb auf dem Weg nach draußen, da fixiert Ludwig immer noch die Dose, aus der für seine feine Hundenase so verlockende Düfte dringen. Klar, dass er noch eine kleine Wegzehrung mitbekommt. „Ein Tierarztbesuch muss sich ja auch lohnen“, schmunzelt Tanja Dillenburger verständnisvoll.