Die Schüler haben an mehreren Gedenkstätten wie hier in Warschau, Station gemacht. Foto: privat

Die Marbacher Uhlandschule hat mit der PKC Freudental ein prämiertes Projekt auf die Beine gestellt. Der Preis war eine Reise nach Polen zu NS-Gedenkstätten.

Marbach – Die Herbstferien kamen für eine Gruppe von elf aktuellen und ehemaligen Uhlandschülern wie gerufen. Die Jugendlichen waren eine Woche lang in Berlin und Polen unterwegs und sind jetzt, nach einem prallen Programm auf der Reise, ziemlich platt. Aber auch immer noch tief bewegt und beeindruckt von dem, was sie alles gesehen haben. Zu ihren Zielen gehörten unter anderem das ehemalige Konzentrationslager in Auschwitz und ein Rundgang durchs einstige Warschauer Getto. Also Gedenkstätten, die an die unsägliche Zeit der Nazi-Diktatur erinnern. Das war kein Zufall. Die Reise gab es als Belohnung für den zweiten Platz der neunten Klasse beim Wettbewerb „Menschenrechte in Baden-Württemberg – Schul-Patenschaften mit Gedenkstätten nationalsozialistischen Unrechts“ des Kultusministeriums. Die Verleihung fand im Juli statt.

Kooperationspartner der Uhlandschule war das Pädagogisch-Kulturelle Centrum (PKC) Ehemalige Synagoge Freudental. Die Zusammenarbeit sah so aus, dass die Förderschüler bei Veranstaltungen in der Synagoge mithalfen. Sei es an der Garderobe, sei es in der Künstlerbetreuung, sei es bei der Bestuhlung. Zudem wurden sie darauf vorbereitet, Fragen der Besucher zu beantworten. „Sie mussten etwas über die Geschichte der Synagoge wissen“, erklärt Barbara Schüßler, Leiterin für Pädagogik und Kultur beim PKC, die wie Bernd Schlegel, Rektor der Uhlandschule, bei der Exkursion nach Polen dabei war. Zur Reisegesellschaft gesellte sich ferner der Filmemacher Filip Felix. Was er mit der Kamera dokumentiert hat, wird Ende Februar im PKC in Freudental zu sehen sein.

Die erste Station des 14-köpfigen Trosses war die direkt auf dem Weg liegende Bundeshauptstadt Berlin. Hier ging es zum Beispiel zum Denkmal der ermordeten Juden. „Das war faszinierend“, sagt der 14-jährige Philipp. Außerdem interessierten sich die Heranwachsenden für das Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma – auch wenn das offiziell gar nicht auf dem Programm stand, wie Barbara Schüßler betont. „Am nächsten Tag waren wir in der Berliner Synagoge. Da haben wir viel über das Judentum gelernt“, berichtet Philipp weiter. Allerdings sollten die Teenager auf ihrer Reise auch unbeschwerte Stunden erleben dürfen. „Der Spaßfaktor gehörte auch dazu“, konstatiert Rektor Bernd Schlegel. Deshalb machte sich die Gruppe abends auf ins schwer angesagte „Burgeramt“, in dem die verrücktesten Burger-Kreationen aufgetischt werden.

Der nächste Halt war in Warschau. „Da wurden wir im ehemaligen Getto herumgeführt“, erzählt die 15-jährige Sarah. Sie und die anderen erfuhren unter anderem etwas über Janusz Korczak, der sich aufopferungsvoll um Waisenkinder kümmerte und mit ihnen schließlich sogar in den Tod ging.

Beeindruckt waren die Jugendlichen auch von Krakau. So besichtigten die Schüler einen Drehort des berühmten Spielberg-Films „Schindlers Liste“. Auch die einstige Fabrik des Titelhelden Oskar Schindler, der viele Juden vor dem Tod gerettet hat, schaute sich die Gruppe aus Marbach an. Besonders erschütternd war aber der Besuch des einstigen KZs von Auschwitz. „Da ist mir fast schlecht geworden und ich habe Brechreiz bekommen“, sagt Philipp. Vor allem, als er die Berge von Haaren sah, die von den Insassen stammen. Sarah haben hingegen die Fotos Angst gemacht, die heruntergehungerte Menschen zeigen. Auf dem Weg zurück in die Heimat machte die Gruppe nochmals Halt in Berlin und nahm das Olympiastadion unter die Lupe. Doch auch wenn die Reise jetzt vorüber ist: „Das Projekt geht weiter. Das ist uns ganz wichtig. Das soll eine kontinuierliche Sache sein“, betont Bernd Schlegel.

Und der 16-jährige Egzon hofft, dass die Uhlandschule bei der nächsten Preisverleihung den Sprung ganz nach oben aufs Treppchen schafft. Obwohl er ganz am Anfang des Projekts nicht so optimistisch war. „Da haben sich ja auch viele Gymnasien beworben. Deshalb dachte ich, dass wir als Förderschule keine Chance haben“, erklärt Egzon. Hatten sie aber doch. Die Schüler haben also durch die Kooperation mit dem PKC nicht nur Einblicke in die Gräueltaten des NS-Regimes bekommen, sondern ganz nebenbei die Erkenntnis erlangt, dass sie sich vor Gymnasiasten nicht verstecken müssen – und somit eine Menge Selbstvertrauen tanken können.