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Kleine Jecken haben das Marbacher Rathaus gestürmt und das Kommando über die Stadt übernommen. Anschließend ist in der Stadthalle weitergefeiert worden.

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Marbach - Vollkommen empört zeigt ein Kind mit dem Finger auf einige Passanten: „Die dürfen hier net.“ Was sie nicht dürfen, wird schnell deutlich: unverkleidet, nicht mal mit einer roten Pappnase, durch die Marbacher Marktstraße ziehen und dann noch nicht einmal Bonbons verteilen. Denn am Faschingsdienstag ist die Schillerstadt wieder in den Händen der jungen Narren gewesen.

Doch bis die Narren das Rathaus auch endlich entern können, müssen sie in der Kälte geduldig ausharren. „Ich probiere mal, den Herrn Stadtoberhaupt herauszuholen“, kündigt Peter Vosseler, Organisator des Marbacher Kinderfaschings, an. Bewaffnet mit einer Flüstertüte versucht er sein Glück, die Stadtverwaltung zum Aufgeben zu bewegen.

Musikalisch unterstützt von den Sulmanafetza aus Neckarsulm und den Murrer Gässlesfetzern geben die Prinzessinnen, Aliens, Feuerwehrmänner oder auch Spiderman ihr Bestes, das Gebäude zu erobern. Doch die Gegner sind nicht nur die vielen Süßigkeiten, die aus den Rathausfenstern nach unten regnen, sondern auch die beißende Kälte an diesem Nachmittag. Kleine dicke Hummeln behelfen sich mit einer extradicken Jacke, Indianerhäuptlinge tragen unter dem Federschmuck eine Wollmütze, und das schwarze Hexenkostüm wird mit einer dunklen Jacke ergänzt.

Mit Bonbons in allen Farben wehren sich der Rathauschef und Piratenkapitän Jan Trost sowie einige Stadträte gegen den Ansturm. Letztendlich müssen sie das Schlachtschiff alias Rathaus jedoch dem närrischen Volk überlassen.

Nicht von langer Lebensdauer ist der Rathausschlüssel. Das aus Hefeteig gebackene gute Stück wird den Eroberern überreicht. Und die? Die reißen es in Stücke. „Wer das größte Stück hat, dem gehört das Rathaus“, meint der elfjährige Peter. Mit einem Lachen zeigt er auf seinen Bruder: „Wenn das so ist, dann ist es jetzt seins.“

Dass die Stadt nun in der Hand der Kindern ist, muss natürlich richtig gefeiert werden. Und nachdem der Umzug im vergangenen Jahr ausfallen musste, können die kleinen Jecken endlich wieder durch Marbachs Straßen ziehen. Ein zweimaliges Hupen des E-Tuk-Tuk ertönt und der Zug setzt sich in Bewegung. Vom Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr ertönt lautstark „Atemlos“ von Helene Fischer, die Sulmanafetza sowie die Gässlesfetzer reihen sich ein, und mit Getöse geht es die Markstraße entlang. Marbacher Hexen treiben ihr Unwesen, und fröhlich die Fahne schwenkend läuft auch der FC Marbach mit. Vorbei an den Zuschauern am Straßenrand führt der Umzug dann am König-Wilhelm-Platz vorbei, die Haffnerstraße entlang, bis das Ziel erreicht ist: die Stadthalle. Denn das närrische Treiben ist noch lange nicht zu Ende.

Das Programm, das die Kinder hier erwartet, ist närrisch, bunt und vollkommen jeck. Kleine Schmetterlinge tanzen zum Fliegerlied, Wagemutige testen ihr Glück bei der Wahrsagerin. „Ich überlege mir aber noch, was ich sie frage“, sagt die achtjährige Andrea. Ganz sicher ist sie sich nicht – und setzt nur zögernd ihren Fuß in das Zelt. An anderer Stelle wird gemalt oder das Glücksrad gedreht – doch der Hauptteil spielt sich auf der Bühne ab. Moderiert vom planet-x-Jugendhausleiter Georg Stenkamp bekommen die närrischen Kleinen alles, was das Herz begehrt: Alphornbläser, einen Schabernack treibenden Clown Thilo, der außerdem mit Riesenluftballons begeistert, Guggenmusik. Die Mistelhexen aus Neckarweihingen geben ein Stelldichein, die Tanzwerkstatt Marbach sowie die HipHop-/Freestyle-Gruppe des planet-x bringen die Bühne zum Beben . . .