Foto: Frank Wittmer

Das Projekt „Handicap macht Schule“ ist von der SportRegion Stuttgart und dem Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband ins Leben gerufen worden.

Marbach - Wie ist es eigentlich, im Rolli zu sitzen? „Das macht total Spaß“, finden David und Marie. Die beiden Viertklässler können ihre Beine ganz normal bewegen und sind nicht wie Werner Rieger gelähmt. An diesem Morgen verzichten die Viertklässler aber freiwillig auf ihre Bewegungsfreiheit.

In dem gemeinsamen Projekt der SportRegion Stuttgart und dem Württembergischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband „Handicap macht Schule“ geht es darum zu erfahren, wie Rollstuhlbasketball und Blindenfußball funktionieren. „Wir wollen für das Thema sensibilisieren“, sagt Michael Bofinger von der SportRegion. Am Freitag nächster Woche ist in Benningen Station.

Mit speziellen Sport-Rollstühlen düsen die Kinder die Halle rauf und runter, passen sich die Bälle zu und versenken den einen oder anderen im Korb. „Das Fahren, prellen und passen haben wir natürlich zuerst geübt“, sagt Sportlehrerin Nicole Kossira. Aber dann geht es rasant zur Sache. „Hierher, pass rüber“, ruft David. „Gebt noch mal alles!“, ruft Rieger von der Seite rein. Hinterher haben die Kinder viele Fragen an den ehemaligen Bundesligaspieler. „Wie geht das, wenn man vom normalen Rollstuhl in den Sport-Rolli wechseln will?“ oder „Wie klappt das mit dem Anziehen?“, wollen die Kinder wissen.

„Manche sind von Geburt an gelähmt, andere durch Krankheit oder einen Unfall“, erklärt Rieger. Der Trainer beim TSV Ellwangen weiß aus eigener Erfahrung: „Man muss alles wieder lernen.“ Nach einem halben Jahr klappt das mit dem Anziehen ebenso gut wie der Wechsel von einem Rolli in den anderen.

Aber nicht alles ist so einfach, wie es scheint: „Hier in der Halle macht das Fahren Spaß, aber draußen ist es nicht immer lustig.“ Hohe Bordsteinkanten, Treppen oder steile Anstiege machen das Rollstuhlfahren zur Tortur. „Ab und zu braucht man Hilfe. Wenn ihr einen Rollstuhlfahrer seht, scheut euch nicht. Geht einfach hin und fragt. Oft geht’s nicht allein. Und wenn’s dann klappt, haben beide ihren Spaß.“

Den haben auch die Kinder bei der nächsten Runde Rollstuhlbasketball. „Das ist ein ganz anderes Spiel, viel mehr mannschaftsbetont“, sagt Werner Rieger. Und das gute auch für die Kinder ohne Behinderungen: „Alle haben eine Chance mitzuspielen.“ Der Rollstuhl gleicht andere kleine Unterschiede aus. So haben auch Kinder ein Erfolgserlebnis, die beim körperbetonten Sport nicht so zum Zug kommen.

In der zweiten Einheit bringt Benjamin Zoll den Kindern Blindenfußball bei. Mit Witz und Elan baut der Lehrer für blinde und sehbehinderte Menschen die Sportstunde auf. „Blind zu sein ohne gegen die Wand zu laufen ist unser erstes Ziel – und ganz viel Spaß haben natürlich auch.“

Man sei viel zu sehr aufs Sehen fixiert. „Wir können unsere Sportkameraden auch riechen – ihhh!“ Schalte man das Sehen aus, durch eine blickdichte Brille geht das ganz einfach, sei es erst mal wichtig, sich auf den anderen zu verlassen.

„Dann ist es natürlich sehr wichtig, dass ihr ganz leise seid“, meint Zoll. „Wenn ihr nichts sehen könnt, müsst ihr besser hinhören.“ Am Ende klappt das Fußballspielen mit verbundenen Augen. Und zwar ohne allzu viele Zusammenstöße.