Zur Begrüßung am Literaturmuseum der Moderne haben sich sehr viele Teilnehmer eingefunden Foto: Werner Kuhnle

60 Teilnehmer kamen zur vierten Citytour, einem Spaziergang durch Marbach, der damit ausverkauft war.

Marbach - Am Donnerstagabend trafen sich die interessierten Fußgänger um 19 Uhr vor dem Literaturmuseum auf der Schillerhöhe. Nach einem Dankeschön an Werner Gauch, der wie die Male zuvor die Tour auf die Beine gestellt hatte, ging es auch schon los.

Ein paar der Gesichter waren den Organisatoren bekannt: manche von den Gästen haben schon öfter hinter die Kulissen lokaler Firmen blicken dürfen. In vier Gruppen von jeweils 15 Teilnehmern wurden die vier Stationen abwechselnd besucht. Auch bei der letzten Citytour dieses Jahres deckte das Programm ein großes Spektrum ab.

Eine von vier Stationen war das Fahrradfachgeschäft Nägele. Reinhard Nägele verkauft und repariert seit über 20 Jahren die Drahtesel der Marbacher. Anlässlich der Citytour teilte er sein Wissen mit den Gästen. Offen stellte er sich den Fragen der Besucher. Besonders interessant fanden die Anwesenden die Eigenheiten des E-Bikes. Wie sich bei den Ausführungen des Fachmanns herausstellte, handelt es sich bei den meisten E-Bikes gar nicht um solche, sondern um so genannte Pedelecs. Diese fahren maximal mit einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde. Erst alles darüber darf sich tatsächlich E-Bike nennen. Die Tour-Mitglieder konnten so einiges über die Technik ihrer eigenen Elektroräder – Verzeihung, Pedelecs – lernen. ,,Wie lange hält die Batterie? Wie weit komme ich mit aufgeladenem Akku?”, und viele weitere Fragen beantwortete Reinhard Nägele. Mit Giveaways wurden die Teilnehmer verabschiedet.

Wissenswertes zu entdecken gab es auch im Literaturmuseum. Johannes Kempf, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums, gewährte einen Einblick in die laufenden Vorbereitungen für die neue Ausstellung ,,German fever – Samuel Beckett in Deutschland“, die am 8. November offiziell für Besucher öffnet. Die Teilnehmer der Citytour erhielten vorab einen Vorgeschmack und durften sich in für die Öffentlichkeit sonst verschlossene Räume wagen. Die Präparationen für die Veranstaltung laufen derzeit auf Hochtouren. In der Restaurierwerkstatt des Museums bestaunten die Gäste die Arbeit eines Jahres. Johannnes Kempf zeigte unter anderem die Pläne der Architekten für die extra angefertigten Vitrinen. Außerdem veranschaulichte er detailliert die Vorgänge, die mit einer Ausstellung einhergehen. Zum Beispiel, wie fragile Originale transportiert und behandelt werden müssen oder wie aufwendig Faksimiles, also Nachbildungen, hergestellt werden müssen. Mit einem Blick in den Ausstellungsraum, der sich noch in Arbeit befindet, ging es für die Gruppe auch schon weiter zu den Meistern des Handwerks.

In der Bäckerei Keim stieg den Besuchern gleich der Geruch von Frischgebackenem in die Nase. Sie durften live dabei sein, wie Boris Keim und seine Frau frische Brezeln zubereiteten.

Der Bäcker erklärte den Entstehungsprozess des allseits beliebten Gebäcks. Zunächst wird natürlich aus Teig eine Brezel geformt, dann kommen die Teiglinge unter eine Laugendusche. Als nächstes folgt das Kühlen, was der Formerhaltung dient und dann wird auch schon gesalzen und gebacken. Die Gäste waren ganz beeindruckt von der handwerklichen Arbeit und vor allem den Arbeitszeiten eines Bäckers. Alle machten große Augen, als der erfahrene Bäcker erzählte, dass er samstags um halb eins schon in der Backstube steht. Mit einem Schokomuffin vom Haus in der Hand ging es auch schon weiter zur Marbacher Zeitung.

Geschäftsführer Kai Keller lud die Tour-Mitglieder ein, die ,,Seele des Verlags“ zu besuchen. Er führte die Gruppe in den Keller des Hauses – zum Herzstück der Zeitung. Das Archiv beherbergt alle Ausgaben seit der Gründung 1845. Kai Keller erzählte von den Ursprüngen der Marbacher Zeitung, die 1891 von dessen Urgroßvater übernommen wurde und damals noch „Der Postilion“ hieß. Die Besucher bekamen eine gedruckte Version von der allerersten Ausgabe und wer noch Fraktur entziffern kann, der hat sicherlich Interessantes zu lesen. Seit über 172 Jahren ist das Verbreitungsgebiet fast das selbe geblieben. ,,Das Identifikationsgebilde funktioniert also noch”, sagte Keller. Die Redakteurin Julia Amrhein ließ die Gäste über ihre Schulter blicken. Im Konferenzraum stellte sie die Tagesabläufe bei einem Glas Sekt aus dem hauseigenen Wein-Lese-Shop vor. Die Besucher erhielten einen spannenden Einblick in die Geschichte der Zeitung des Bottwartals und in die Arbeit, die täglich dort geleistet wird.

Im Café des Schiller-Nationalmuseums fanden alle Gruppen schließlich wieder zusammen und ließen den Abend mit den frischen Brezeln vom Keim und Getränken gemütlich ausklingen.