Wenn der Nachbar aufstockt, kann das die Leistung der eigenen Solaranlage beeinträchtigen. Doch die Stadt hält die Einbußen für zumutbar. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Die Bürger im Hörnle können ihre Häuser dank einer Bebauungsplanänderung weiter aufstocken.

Marbach-Hörnle - Es hat seine Zeit gedauert. Aber jetzt ist der neue Bebauungsplan fürs Hörnle so gut wie durch. Der Ausschuss für Umwelt und Technik hat die Satzung am Donnerstag bereits verabschiedet, nun muss nur noch der Gemeinderat sein Okay geben. Für die Bewohner im Stadtteil bedeutet das, dass sie ihre Häuser weiter aufstocken und damit zusätzlichen Wohnraum schaffen können. Neue Vorgaben zum Brandschutz und zur Energieeffizienz hatten dem einen Riegel vorgeschoben, weil beispielsweise die Wärmedämmung dicker ausfallen muss. Deshalb gestattet die Stadt den Eigentümern von Immobilien nun mehr Spielraum bei der Firsthöhe – auch wenn das unter Umständen für den Nachbarn unliebsame Folgen hat.

Ein Bürger hatte darauf hingewiesen, dass die Erhöhung eines Gebäudes die Leistung der Solaranlage auf dem danebenliegenden Haus beeinträchtigen könnte. „Was passiert, wenn beispielsweise zu beiden Seiten eines Reihenhauses Aufstockungen erfolgen?“, fragte der Mann in seiner Stellungnahme zum Bebauungsplanverfahren. Er erinnerte daran, dass man bei Heizungssanierungen einen erhöhten Anteil regenerativer Energien nachweisen müsse. „In vielen Fällen ist das der Baustein ,Solarthermie/Fotovoltaik’. Es kann keine Einschränkung von Hausbesitzern erfolgen, die beispielsweise keine Änderung der Gebäudehöhe vorsehen“, erklärt er.

Der stellvertretende Bauamtsleiter Ralf Lobert stritt in seinen Ausführungen zu dem Einwand gar nicht ab, dass die Verschattung durch ein Nachbargebäude Auswirkungen auf eine Solaranlage hat. Fachleute hätten aber errechnet, dass die Vorgaben aus dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz auch dann erfüllt werden können, wenn ein Haus zwischen zwei erhöhten Nachbargebäuden eingeklemmt ist. Die Zellen müssten dann jedoch in der Mitte des Daches angeordnet werden. Die Leistungseinbußen der Solaranlagen betragen je nach Reihenhaustyp bis zu 30 Prozent und seien noch zumutbar, meinte Ralf Lobert. „Außerdem kann man auch andere Quellen nutzen, um die Vorgaben zu erfüllen. Man kann zum Beispiel Holzpellets-Heizungen bauen oder Wärmepumpen verwenden. Da gibt es einen ganzen Strauß von Möglichkeiten“, betonte er.

Maßgeblich für die Stadt ist aber auch, dass durch die Aufstockung neuer Wohnraum generiert wird. „In der Abwägung ist das wichtiger“, stellte der Erste Beigeordnete Gerhard Heim fest. „Wir wollen auch Familien in Marbach halten“, pflichtete Sebastian Engelmann von den Grünen bei. Für diese seien die 82 Quadratmeter, die derzeit viele Häuser im Hörnle vorweisen, nicht gerade üppig. Davon abgesehen sei es im Sinne des Landschaftsschutzs besser, neue Kapazitäten nicht in der Fläche, sondern in der Höhe zu schaffen. Ähnlich argumentierte Ernst Morlock von der SPD. „82 Quadratmeter für ein Reihenhaus sind nicht mehr zeitgemäß“, konstatierte er. Zugegebenermaßen habe man das Thema Verschattung von Solaranlagen aber bislang nicht im Blick gehabt. Allerdings rede man jetzt nur von einer Erhöhung um 65 Zentimeter. Schon längst beschlossen sei zuvor ja eine Aufstockung um 2,10 Meter gewesen – was bis zur Gesetzesnovelle für eine weitere Etage gereicht hatte.

Darüber hinaus zeigt auch die Praxis, dass die Auswirkungen überschaubar sind. Ralf Lobert ist jedenfalls kein einziger Fall im Hörnle bekannt, wo ein Dach von der einen bis zur anderen Kante mit Modulen belegt wäre, wie er auf Nachfrage von Heike Breitenbücher von der CDU sagte. Zudem sei überhaupt erst bei vier Häusern eine Etage draufgesattelt worden. „Die Wahrscheinlichkeit, dass der Fall eintritt und beide Nachbargebäude aufstocken und dann noch jemand da ist, der schon eine Anlage hat, geht ziemlich gegen null“, sagte Ralf Lobert. Martin Mistele von den Freien Wählern konnte bei einer spontanen Überprüfung via Google generell nur wenig Fotovoltaikanlagen im Hörnle entdecken. Für deren Leistung sei die Verschattung aber natürlich schon ein Nachteil. „Wenn man aber intern 30 Prozent mehr Wohnraum generieren kann, ist das quasi kompensiert“, findet er.