Bei der Aufführung werden nicht nur die Akteure vor der YouTube-Kamera gezeigt, sondern auch dahinter. Foto: Werner Kuhnle

Schüler der KimKo-Klassen am Friedrich-Schiller-Gymnasium stellen sich der Frage, wie Videos entstehen könnten.

Marbach - Im Saal des alten Marbacher Kinos ist es saukalt. Doch das stört die fünf Mädchen, deren Szene als Nächstes geprobt wird, nicht. Zwei Girlies treten auf und werden als Erstes von der Regisseurin angepflaumt, dass sie zu spät kämen. Sie rechtfertigen sich, sie seien von ihr gezwungen worden, die Produkte, für die sie nun werben müssen, zu stehlen.

Doch kaum dass der Dreh für den YouTube-Clip startet, schlüpfen die zwei in ihre Rollen und preisen eine Chanel-Tasche für 3500 Euro und ein Armband mit Anhängern zu je 70 Euro an. Stimmen und Handbewegungen wirken absolut authentisch wie in echten YouTube-Clips. Einmal unterbricht die Regisseurin den Dreh unwirsch, weil einem Mädchen noch Schminke durchs Gesicht läuft. Der Gipfel der Dreistigkeit folgt gegen Ende: Die Regisseurin fordert die gestohlenen Waren von den Mädchen, um sie zu verkaufen. „Ihr bekommt ein paar Prozent“, beruhigt sie die Teenager. Und als ob das nicht genug wäre, gibt es ganz zum Schluss des Clips noch eine Wendung, die hier aber nicht verraten werden soll.

Dies ist eine von insgesamt elf Szenen, die rund 50 Acht- und Neuntklässler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums am Samstag unter dem Titel „Real Life – Hinter den Kulissen YouTubes“ im alten Kino in Marbach aufführen. Sie haben sich im Rahmen des „Kunstprofils intermediale Kommunikation“ (KimKo) mit dem sozialen Netzwerk YouTube auseinandergesetzt.

„Wir haben uns im Unterricht mit dem Thema Kommunikation beschäftigt und sollten als Hausaufgabe auch ein paar YouTube-Videos drehen“, erklärt Anna Schuster, eine von fünf Schülerinnen, die für die Pressearbeit rund um das Stück zuständig sind. Wichtig dabei sei gewesen, nicht nur die Personen im Vordergrund und ihre Botschaft abzubilden, sondern sich auch Geschichten zu überlegen, die im Hintergrund ablaufen.

„Diese Videos werden in der Regel nicht am Stück gedreht, sondern es gibt sehr viele Schnitte“, sagt Gina Reimann, ebenfalls aus dem Presseteam. Tatsächlich gebe es am Set beispielsweise immer wieder Streit, weil jemand Materialien vergessen hat.

Genau solche Szenen hinter den Szenen zeigen die Schüler in ihren elf YouTube-Filmen, deren Dreh Gegenstand der Aufführung von „Real Life – Hinter den Kulissen von YouTube“ sein wird. Die Szenen selbst haben eine Länge von etwa drei bis vier Minuten. Unter anderem gibt es ein so genanntes „Best friends“-Video, in dem drei völlig unterschiedliche Mädchen auftauchen: eine im Flamingo-Kostüm, eine im Manga-Style und eine in ganz normalen Klamotten. Der Gag dabei: Die vorgeblich besten Freunde kennen sich in Wirklichkeit überhaupt nicht und wollen mit dem Clip nur ihre Reichweite erhöhen.

„Wir verlangen von den Schülern ein hohes Maß von Eigenständigkeit“, sagt KimKo-Lehrerin Anja Abele, die das Projekt zusammen mit Konstanze Roth betreut. Und es hat bei den Schülern etwas bewirkt: „Wir schauen YouTube-Clips jetzt anders an“, sagt Anna Schuster.