Foto: SDMG

Häffner möchte im Technologiepark eine Anlage bauen, die Abfallprodukten Jod abtrotzt. Damit wäre man im Land Vorreiter.

Marbach - Jod ist ein hochbegehrtes Gut. Und wertvoll obendrein. Lediglich in Peru und Chile könne es als natürliches Element im größeren Stil abgebaut werden, weiß Derk Proff, Geschäftsführer der Häffner GmbH, die chemische Rohstoffe vertreibt. Früher hätten speziell die Japaner das Halogen auch dem Salzwasser abgerungen – bis zur Nuklearkatastrophe von Fukushima, als 2011 ein Atomkraftwerk an der Küste havarierte. Wasser, Böden und mehr wurden seinerzeit bei mehreren Störfällen kontaminiert. Die Folge: „Das Jod aus Japans Meerwasserentsalzungsanlagen ist heute auf dem Weltmarkt nicht verkäuflich und findet keine Abnehmer“, sagt Derk Proff. In diese Lücke dürfte bald Jod made in Marbach stoßen. Denn Häffner will in das lukrative Geschäft mit dem knappen Element einsteigen und an der Niederlassung in der Schillerstadt eine Anlage bauen, mit der Jod rückgewonnen werden kann. „Damit wären wir die Ersten in Deutschland“, erklärt Proff.

Die Konstruktion soll aus vier Reaktoren, einer Abluftreinigungsanlage mit Gaswäscher sowie einer Abwasserbehandlungsanlage bestehen. In der Vorrichtung können Natrium- und Kaliumjodate hergestellt werden. Häffner will aber vornehmlich auf Calciumjodat setzen.

Die maximale Produktionsmenge an Jodaten soll bei 500 Tonnen pro Jahr liegen. Diese werden mit Kaliumsalz angereichert, um letztlich das gewünschte Calciumjodat zu gewinnen. „Das hat in der Tierernährung als Futtermittelzusatzstoff eine große Bedeutung“, erklärt Derk Proff.

Allerdings hat bei all dem auch das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) ein Wörtchen mitzureden. Die Behörde ist an dem Ganzen insofern beteiligt, als sie für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Anlage zuständig ist. Allerdings: Hochkomplexe oder gar gefährliche chemische Prozesse, wie man jetzt vielleicht annehmen könnte, steckten nicht hinter dem Verfahren, versichert Derk Proff. Das Okay des RP müsse aus einem anderen Grund eingeholt werden. Das Gebäude, in dem die Anlage realisiert wird, sei eigentlich für den Umschlag und die Lagerung von Chemikalien vorgesehen gewesen. Da nun doch eine anderweitige Nutzung angestrebt wird, benötige man die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom Regierungspräsidium.

Der Clou ist, dass Häffner das Jod aus Wertstoffen gewinnen will, die andernfalls verbrannt oder deponiert würden. Größtenteils handelt es sich um Abfallprodukte aus der Pharmaindustrie, wo Jod für Medikamente benötigt wird, um beispielsweise Fehlfunktionen der Schilddrüse zu behandeln. „Hier haben wir ein Verfahren zur Wiederaufarbeitung gefunden. Und es wäre ja schade, die Wertstoffe weiterhin entsorgen zu müssen“, sagt Derk Proff. Die Firma hat das System auch schon im Rahmen eines Pilotprojekts am Hauptsitz in Asperg getestet. „Das hat sich bewährt“, meint der Geschäftsführer. Deshalb könne man nun am Standort in Marbach in die Serienfertigung einsteigen. Los gehen soll es damit im Juli.

Dass man nicht in der Unternehmenszentrale in die Vollen geht, liegt daran, dass Häffner dort zu nahe an einem Wohngebiet liegt, sagt Derk Proff. Darüber hinaus wolle man die Niederlassung in der Schillerstadt ausbauen. Diese sei „als Industriestandort gut geeignet“, betont er.

Das dürfte Musik in den Ohren des Marbacher Bürgermeisters Jan Trost sein. Zumal das noch nicht das Ende der Expansionspläne von Häffner in der Schillerstadt sein muss. Denn im Energie- und Technologiepark stehe noch eine Erweiterungsfläche für das Unternehmen bereit, sagt Jan Trost. Wenngleich für dieses Areal bislang noch kein Bauantrag eingegangen sei. Unabhängig davon begrüßt es der Rathauschef, dass die GmbH die Jodgewinnungsanlage in Marbach bauen will. „Ich freue mich, dass das Unternehmen einen weiteren Betriebszweig aufmachen will“, erklärt er. Perspektivisch stärke das den Standort. Und bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sehe er auch kein Problem.

Die Produktionsanlage soll auf einem circa 300 Quadratmeter großen Bereich realisiert werden, der von der Firma bisher nicht genutzt wird. Betreiber wird die REC 53 GmbH sein. Diese Tochtergesellschaft werde dafür eigens gegründet, kündigt Derk Proff an. Drei bis vier Mitarbeiter würden nun zusätzlich eingestellt.

Die Häffner Gmbh und Co. KG

Unternehmen Gegründet wurde die Firma 1903. Der Firmensitz befindet sich in Asperg. Der Standort in Marbach im Energie- und Technologiepark wurde im vergangenen Jahr eröffnet. Die Häffner GmbH ist in der Distribution und Vermarktung von chemischen Rohstoffen tätig. Das Portfolio besteht aus mehr als 3000 Produkten und reicht von Grund- und Spezialchemikalien bis hin zu Flammschutzmitteln. Der Jahresumsatz beträgt 130 Millionen Euro. Beschäftigt werden rund 170 Mitarbeiter, 28 davon in Marbach.