Die hohen Bäume am Wiesbadener Platz werden weichen müssen. Foto: Oliver von Schaewen

Der Wiesbadener Platz wird neu gestaltet, doch Andreas Roll hält das Abholzen dabei für falsch. Nur so sei der Platz für mehr Aufenthaltsqualität zu steigern, hält die Stadt dagegen.

Marbach - Kein Respekt vor dem Alter – so übertitelt Andreas Roll seinen offenen Brief, in dem er das Fällen von etwa fünf Bäumen am Wiesbadener Platz kritisiert. Die mehr als 50 Jahre alten Bäume seien gesund, das Abholzen werde von manchen im Hörnle als „Frevel an der Natur“ oder als ein „weiteres Beispiel für die Rücksichtslosigkeit von Bauplanungen“ angesehen. Der Grünen-Ortsvorsitzende hält das Fällen, das Anfang August stattfinden soll, für verfehlt – und widerspricht damit auch den Beschlüssen, die der Marbacher Gemeinderat gefasst hat.

In seinem Brief zählt Andreas Roll die Vorzüge der Bäume auf. Sie spendeten reichlich Schatten und sorgten für einen kühlen Kopf, die Kinder spielten gerne mit den herabfallenden Ahorn-Propellern. „Warum sollten mit Steuergeldern der Bürger neue Bäume gekauft und gesetzt werden, anstatt die vorhandenen Bäume fast zum Nulltarif zu bewahren?“, fragt Roll. Er plädiert dafür, auch jetzt – da es fünf vor zwölf sei – während des Umbaus die Baumwurzeln freiliegend zu erhalten. So könne man dem Wiesbadener Platz „für viele weitere Jahrzehnte einen unverwechselbaren, schönen Charakter geben“. Tabula rasa zu machen, wie Roll es im Gespräch mit unserer Zeitung ausdrückt, sei nicht zwangsläufig nötig. Die Planungen seien zwar öffentlich vorgestellt worden, doch sei ein möglicher Baumerhalt „nicht so konkret“ thematisiert worden. Es dränge sich der Verdacht auf, dass die Stadt es bei der Planung habe einfacher haben wollen. Er habe entsprechende Vermutungen kürzlich beim Stegfest wahrgenommen, an dem auch Bürger aus dem Hörnle teilnahmen.

Kritisch äußerte sich auf Anfrage ebenfalls Joachim Lösing, einer der Vorsitzenden des BUND-Bezirks Marbach/Bottwartal. „Die Stadt plant das Projekt seit mehr als 15  Jahren – da hätte man sich Gedanken machen können, die Bäume zu erhalten.“ Lösing erinnert an das Bundesnaturschutzgesetz, wonach Bäume nur im Falle von Katastrophen, Schäden oder zur Verkehrssicherung gefällt werden dürfen. Die Aktion jetzt geschehe „ohne Not“, die Stadt gebe ein „schlechtes Vorbild“ ab. Lösing hält die Planung nicht für „zwingend“, auch weil Ersatz für die Längsparkplätze an anderer Stelle geschaffen werden könnte.

An das Hauptziel der Planung erinnert Gerhard Heim, der Erste Beigeordnete der Stadt Marbach. „Wir wollen auf dem Platz die Aufenthaltsqualität für alle Bürger steigern: mit Sitzgruppen und Möglichkeiten für Feste und Hocketsen.“ Das Ziel sei nur erreichbar, „wenn wir alle Bäume fällen.“ Die Planung sei sehr oft vorgestellt worden: „Die Bürger noch mehr einzubinden, ist fast unmöglich.“ Im Gemeinderat habe man sich viele Gedanken, auch über den Erhalt der Bäume, gemacht. Aber der Platz müsse großräumig sein und brauche einen frostsicheren Unterbau. „Es werden auch 20 neue Bäume gepflanzt.“

Die Grünen im Gemeinderat hatten der Planung zugestimmt, berichtet die Stadträtin Barbara Eßlinger. „Es war kein einfacher Prozess, er musste langfristig begleitet werden“, sagt sie. Entscheidend sei gewesen, einen Mehrwert für die Bürger zu schaffen. Dafür musste ein Opfer gebracht werden, um einen Kompromiss zu erzielen. Eßlinger billigt Andreas Roll – wie auch schon bei seiner Kritik an der Abholzaktion im Eichgraben, die zu einem Vor-Ort-Termin führte – eine andere Meinung als der Fraktion zu: „Es ist nicht schlimm, wenn kontrovers diskutiert wird.“