Über die Drehleiter ist Hilfe von oben gekommen. Foto: Karsten Schmalz

Bei einer Übung am Samstag sind mehr als 200 Rettungskräfte im Einsatz gewesen. Ihnen wurde bei dem Szenario alles abverlangt.

Marbach - Ein Topf mit Sauerkraut, der auf der Herdplatte schmort. Oder ein Adventskranz, der vor sich hin kokelt. Mehr als handelsübliche Unglücksfälle dieser Art waren es nicht, die bis dato im Marbacher Seniorenstift die Feuerwehr auf den Plan riefen. Eine ernsthafte Gefahr habe dabei nie bestanden, versichert Helmut Wiedenhöfer, Leiter des Altenheims auf der Schillerhöhe. Und der Marbacher Bürgermeister Jan Trost hofft auch „hundertprozentig“, dass es nie zu einem Fall kommt, in dem tatsächlich Leib und Leben auf dem Spiel stehen. So wie bei der Mega-Übung, die am Samstagnachmittag mehr als 200 Rettungskräfte auf Trab hielt. Laut Alt-Kommandant Ulrich Schroth handelte es sich dabei im Landkreis um die größte Probe aufs Exempel an Altenheimen, die es für die Feuerwehr je gab.

Angenommen wurde dabei ein Brand im zweiten Dachgeschoss des Hauptgebäudes. Das Feuer breitet sich nach einem technischen Defekt über den gesamten Dachstuhl aus. Das erste Dachgeschoss ist in der Folge komplett verraucht. Und am schlimmsten: Dort befinden sich 14 Pflegezimmer, die voll belegt sind. Die Leute müssen also in Sicherheit gebracht, das Stockwerk evakuiert werden.

Dieses Spektakel wurde von rund 100 Schaulustigen verfolgt. Los ging es kurz nach 14 Uhr, als die automatische Brandmeldeanlage anschlug. Aus den Fenstern zogen die ersten Rauchschwaden. Verzweifelte Hilfeschreie drangen aus dem Gebäude. Nur wenige Minuten später rauschten aber schon die ersten Löschfahrzeuge heran. Mit Atemschutzmasken stürmten die Feuerwehrleute ins Gebäude, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Dabei stellten sie fest, dass 24 Leute vermisst werden und es tatsächlich brennt, es sich also um keinen Fehlalarm handelt. Damit war auch klar: Die Marbacher Feuerwehr würde das Problem nicht alleine in den Griff bekommen. Entsprechend werde nachalarmiert, erklärte Tobias Lehnen, der für die Pressearbeit zuständig war.

Alsbald stießen die Feuerwehren aus Ludwigsburg, Affalterbach, Erdmannhausen, Benningen, Murr und Ludwigsburg hinzu. Eine Führungsgruppe aus Oberstenfeld unterstützte die Einsatzleitung um Alexander Schroth, den Chef der Marbacher Wehr. Die Verantwortlichen beratschlagten sich stets aufs Neue, analysierten die Situation und stimmten das weitere Vorgehen ab. Mit im Boot waren bei der Übung aber auch das Deutsche Rote Kreuz und die Polizei. Neben den Löscharbeiten genoss eines absolute Priorität: Die Vermissten zu finden und in Sicherheit zu bringen. Wobei das allein schon ein immenser Kraftakt war. Nicht umsonst stöhnte Ulrich Schroth nach etwa einer Stunde: „Das ist ein extremes Malheur.“ Zum einen wurden die Helfer durch den Rauch behindert. Zum anderen erwies es sich als mühsam, die Verletzten über die Fluchttreppen nach unten zu hieven. Die Faustformel lautete: Ein Verletzter wird von vier Feuerwehrleuten getragen. Insofern sei es wichtig, genügend Personal ins Gebäude zu bringen, erläuterte Pressebetreuer Tobias Lehnen. Wobei für manche der Eingeschlossenen, die von DRK-Leuten gespielt wurden, auch von außen über die Drehleitern Hilfe kam.

Die Geborgenen wurden dann noch vor Ort erstversorgt und weiter in die Stadionhalle transportiert. Dort sei die Infrastruktur mit Duschen, Elektrizität und der nahen Mensa zur Essensversorgung gut, erläuterte Tobias Lehnen. Im Normalfall wären die Verletzten natürlich auf die umliegenden Krankenhäuser verteilt worden, betonte der Einsatzleiter Alexander Schroth – der am Ende des Großeinsatzes ein positives Fazit zog: „Es war wichtig, dass wir das gemacht haben. Aber die Leute sind brotfertig“, erklärte er.

Völlig schuldlos waren die Einsatzkräfte daran, dass das Drehbuch für die Übung zwei Bewohner vorgesehen hatte, die das Unglück nicht überleben sollten. Sie seien aber schon beim Eintreffen der Helfer tot gewesen, stellte der Leitende Notarzt Dr. Michael Lutz-Dettinger fest. Real ist selbstverständlich niemand zu schaden gekommen. Die älteren Herrschaften, die sich üblicherweise im betroffenen Stockwerk aufhalten, verbrachten ihren Nachmittag ein paar Etagen tiefer in der Tagespflege.