Yvonne Hofstetter prophezeit in ihrem neuen Buch das Ende der Demokratie. Foto: Werner Kuhnle

Yvonne Hofstetter hat bei der Veranstaltungsreihe Marbacher Forum Zeitgeschehen vor der Gefahren der Digitalisierung gewarnt.

Marbach - Mit einem etwas beklemmenden Gefühl dürften die meisten der rund 150 Besucher der Auftaktveranstaltung zum Marbacher Forum Zeitgeschehen, das am Mittwoch, 29., und Donnerstag, 30. März, stattfindet, am Montagabend die Stadthalle verlassen haben. Yvonne Hofstetters Vortrag über „das Ende der Demokratie. Wie Künstliche Intelligenz die Politik übernimmt und uns entmündigt“ gestaltete sich als Parforceritt durch die Gefahren der Digitalisierung. Dabei hat die Unternehmerin und Buchautorin unmissverständlich dargelegt, „dass die Künstliche Intelligenz die Universaltechnologie des 21. Jahrhunderts“ ist, die „den Weg ebnet in eine umfassende Kontrollgesellschaft“. Ebenso klar formulierte die studierte Juristin aber auch ihre Forderungen: „Die Europäische Union braucht eine eigene digitale Infrastruktur“, sagte sie. Unser Verfassungsverständnis sei nämlich ein gänzlich anderes, als das amerikanische. „Aber alle unsere Lieblingsmarken kommen aus dem Silicon Valley.“

Als Datum für den Beginn der massenhaften Überwachung legte sich die Referentin auf den Januar 2007 fest, als das erste iPhone präsentiert wurde. „Es war ein genialer Schachzug, das Smartphone mit der Kreditkarte zu verknüpfen, so sind Sie immer und überall messbar“, zeichnete sie ihren Zuhörern ein düsteres Bild und empfahl sogleich: „Den Satz, Sie haben ja nichts zu verbergen, streichen Sie.“ Die digitalen Firmen hätten kein Interesse an Vergangenem. „Es geht einzig und allein darum, steuernd und regulierend in Ihre Zukunft einzugreifen“, so Hofstetter.

Dabei sei den meisten Menschen noch immer nicht klar, was Digitalisierung eigentlich bedeutet, Hofstetter legte Zahlen einer Erhebung aus dem Jahr 2015 vor. Demnach haben ganze 92 Prozent der Befragten noch nie von Big Data gehört, immerhin 56 Prozent konnten mit dem Begriff Digitalisierung nichts anfangen. Und das, obwohl das zweite Maschinenzeitalter längst angebrochen sei. „In dem Maße, in dem wir alle immer smarter werden, steigt die künstliche Intelligenz“, sagte Hofstetter. Um die enormen Datenmengen, die täglich anfallen, zu sichten, brauche es keine Menschen mehr. „Dafür gibt es Maschinen.“ Diese überwachten alles. Eindringlich warnte Yvonne Hofstetter davor: „Irgendwann sagt ihr Haus gegen sie aus“. Sei es der Smartfernseher, der Apparat für den Einkauf per Sprachsteuerung oder die Kamera im Handy – all diese Geräte zeichneten Daten auf, die im Zweifel gegen einen verwendet werden könnten.

Ohne das gleiche Aufsehen zu erzeugen, seien jüngst Papiere von Wikileaks veröffentlicht worden, „die brisanter sind, als alles was Edward Snowden veröffentlicht hat“, berichtete die Referentin. Es ging um CIA-Papiere, in denen Programmcodes enthalten waren. „Dort können Sie nachlesen, wie Sie sich in ein Auto einhacken oder in Häuser“, sagte die Autorin.

Immer wieder kehrte sie in ihrem Vortrag zu den sozialen Medien zurück, allen voran Facebook. „Das ist kein öffentlicher Raum, das sind Werbeplattformen“, sagte sie. Und zwar solche, die gegen das Grundgesetz verstießen, in dem sie Zensur ausübten. „Aber das Grundgesetz beschreibt das Verhältnis von Bürger und Staat. Hier zensiert ein Privatunternehmen, dagegen haben wir keine Handhabe.“ Ihr Fazit: „Wir können uns auf Facebook, Twitter und Co. nicht über die Wirklichkeit verständigen, wir werden als Gesellschaft fragmentiert.“ Das betreffe auch die diesjährige Bundestagswahl, „den ersten digitalen Wahlkampf, den wir erleben“. Hofstetter ist sich sicher, dass die sozialen Medien dazu benutzt werden, Meinungen zu manipulieren. Doch wie beantwortete sie eine Frage aus dem Publikum knapp: „Das Internet ist ein komplett unzuverlässiges Medium, glauben Sie nichts, was da drin steht!“