Bei dem Modell lohnt sich ein genauer Blick. Foto:  

Am Deutschen Mühlentag erwachte die Ölmühle Jäger für kurze Zeit zu neuem Leben.

Marbach - Der Deutsche Mühlentag an Pfingstmontag lädt deutschlandweit interessierte Besucher zum Schaumahlen und Feiern ein. Auch die Marbacher Ölmühle Jäger in der Oberen Holdergasse 2 hat sich davon erneut in Aktion versetzen lassen und zahlreich die Besucher angelockt. Schon draußen vor der Tür des technischen Kulturdenkmals, wie es die alte Museumsmühle eine ist, war Walter Buck in seinem Element zu erleben.

Der frühere Professor für Elektrotechnik, der in Rudersberg die Ölmühle Michelau einige Jahre geleitet hat, ist völlig vernarrt in die Technik der Mühlen. Diese Vernarrtheit verpackte er am Mühlentag in interessante und aufschlussreiche Informationseinheiten, die den Besucher fasziniert zurückließen und bei so manchem Zuhörer ein tiefes Ehrgefühl für die clevere Methodik der Altvorderen erzeugen half. Denn nördlich der Alpen war es kein leichtes Unterfangen, Öl aus der kleinen und harten Saat wie Lein, Mohn oder Hanf zu gewinnen. Ganz im Gegensatz zum Olivenöl, das vor rund 2000 Jahren von den Römern über die Alpen hier hergebracht und aus weichen Oliven gewonnen wurde. „Wie also die harte Hülle der Samen kleinkriegen?“, so die Frage, die Buck mit Hilfe von zwei liebevoll und aufwändig erarbeiteten Miniaturmodellen beantwortete. Die lagerfähigen Samen übrigens waren sehr kostbar, weil sie auch während bestehender Notzeiten die Möglichkeit boten, Menschen mit nahrhaftem Öl zu versorgen.

Am Beispiel einer Keilpresse demonstrierte Buck vor Ort, wie unsere Vorfahren so viel Druck erzeugen konnten, dass aus den Samen Öl floss. Gleichzeitig veranschaulichte er, wieso man dabei von Ölschlagen spricht. Ein Hammer muss nämlich auf den Keil geschlagen werden, der den Stempel nach vorne treibt, wo sich die Samen in Presssäcken befinden. Später gelang dies mit Hilfe der Wasserkraft und Mühlrädern, wie das am Beispiel der Michelauer Ölmühle gezeigt wurde.

Doch auch ein weiteres Modell zog die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich: Die kleine Schwester des großen Kollergang, der in der Ölmühle steht, zerkleinert auch als Modell den extrem harten Presskuchen, der beim Ölpressen übrig bleibt und der ein bedeutsamer Bestandteil beim Tierfutter ist. Lediglich rund 30 Prozent der Ausgangsfrucht findet sich als Öl wieder.

Ein paar Schritte weiter gab es schließlich einen technischen Zeitsprung. Michaela Schmalz stand dort an ihrer hochmodernen Schneckenpresse und erzeugte frisches Leinöl. Dabei wurde der „Presskuchen“ in Form von wurmartigen Pellets im Eimer aufgefangen. „Das ist technische Innovation an einem der besten Beispiele“, so Hausherr Fritz Jäger.

Wolfgang Istler, der im Geschoss über der Mühle wohnt und dieses im Sinne des altwürttembergischen Stockwerkseigentums bewohnt, hatte die Aufgabe übernommen, die Besucher in Gruppen durch die technische Welt der Ölmühle zu führen. Dort befinden sich die breiten, arbeitswilligen Transmissionsriemen und die hydraulischen Pressen, die für die nötigen hohen Drücke zur Ölgewinnung verantwortlich waren.

Aus der Zeit um 1900 stammt die Ölmühle Jäger, die als einzige in der Umgebung in funktionsfähigem Zustand erhalten ist. Istler erinnert sich gerne an die Kindheit, „wo wir hergekommen sind, um vom Presskuchen zu knabbern“. Geschmeckt aber habe ihm nur der von Mohn und Nuss.