Bis 2018 wird in Sachen Neckaranbindung wohl nichts passieren. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Der Bürgermeister Jan Trost und die Stadträte nehmen Stellung zur Kritik der Bürgerinitiative nordwestliche Altstadt. Dabei geht es um die Anbindung des Neckarufers an die Altstadt

Marbach - Nahezu einheitlich fallen die Reaktionen der Stadtverwaltung und der Fraktionen des Gemeinderats in Marbach auf die jüngste Kritik der Bürgerinitiative nordwestliche Altstadt aus. Diese hatte moniert, bei der Planung einer verbesserten Anbindung von Altstadt und Neckarufer bislang nicht eingebunden worden zu sein, und Sorgen geäußert über den angedachten Bau eines Aufzugs hinauf zum Durchbruch in der Stadtmauer (wir berichteten). Gerade in einem sind sich Stadt und die meisten Fraktionsvorsitzenden einig: Für die gewünschte Bürgerbeteiligung ist es zu früh.

Bürgermeister Jan Trost verweist bei Nachfrage auf seinen Antwortbrief an die Bürgerinitiative vom 16. Juni. Darin geht er auf die Kritikpunkte ein. Er betont, dass die verbesserte Anbindung seit vielen Jahren der Wunsch der Marbacher Bevölkerung und im Stadtentwicklungsprozess festgehalten sei. „Der Wunsch ist nicht nur auf Touristenseite vorhanden“, fügt er an.

Trost weist darauf hin, dass die Entwürfe des Architekten-Wettbewerbs zwei Wochen ausgestellt wurden und das Ergebnis öffentlich im Gemeinderat präsentiert wurde. Es werde zudem ein transparentes, breit aufgestelltes Bürgerbeteiligungsverfahren geben. Bereits jetzt ins Detail zu gehen, sei aber zu früh. „Es ist kein Auftrag vergeben und es tut sich gerade auch nichts. Das war bisher eine reine Ideenskizze.“ Zunächst stehe für 2018 die Sanierung des Pfundhauses an. „Erst dann wird entschieden, ob die Fußgängerzone oder die Neckaranbindung angegangen wird. Und dann wissen wir, welche personellen und finanziellen Kapazitäten wir haben.“

Generell sei man bei der Verwaltung froh um konstruktive Bürgerbeiträge. Dass dies zu Verbesserungen führen kann, habe der Wiesbadener Platz im Hörnle gezeigt. „Es gilt, in den Dialog zu treten, jedoch zum richtigen Zeitpunkt“, sagt der Rathauschef, der eingrenzt: „Befürchtungen gibt es bei Veränderungen immer. Wir werden wohl nicht alle Belange befriedigen können. Da geht es um Kompromisse.“ Klar sei, dass ein Aufzug – anders als von den Anwohnern befürchtet – mehr als zwei Personen fasse.

Am Brief Trosts liegt es, dass die Fraktionen nicht selbst auf die Bürgerinitiative zugegangen sind, worüber diese sich enttäuscht gezeigt hatte. Fraktionsübergreifend äußern die Vorsitzenden auf Nachfrage, dass mit dem Bürgermeister abgesprochen gewesen sei, dass dieser mit einem Schreiben auf die Bedenken antworte. Dem schlossen sich die Fraktionen inhaltlich an – was im Brief jedoch nicht deutlich wird.

„Wir hatten gedacht, das Schreiben von Herrn Trost wäre ausreichend. Dann habe ich mir nochmal das Schreiben der Initiative angesehen, und man kann es so verstehen, dass die Fraktionen zur Antwort aufgerufen werden. Das haben wohl alle Fraktionen missverstanden. Also sind wir doch tätig geworden, schon vor dem Zeitungsartikel am Dienstag“, sagt Hendrik Lüdke (Puls). Am 10. August wird man sich mit der Initiative treffen. Er betont, dass die Rechte der Marbacher Einwohner vor denen der Touristen kämen und dass die Interessen abgewogen werden müssten. „Gerade beim Aufzug wird das der Fall sein.“

Bei SPD und CDU will man die nächste Ratssitzung abwarten, um über das Vorgehen zu sprechen. „Wir fanden das Schreiben des Bürgermeisters inhaltlich so erschöpfend, dass wir uns gefragt haben, was wir da noch beisteuern sollen“, sagt Ernst Morlock (SPD). Augenblicklich gebe es nichts zu entscheiden, vom Vorhaben sei man „meilenweit entfernt“. Den Bürgern wolle man aber natürlich nicht das Recht absprechen, Bedenken zu äußern. „Es betrifft ihr privates Umfeld, da würde es mir genauso ergehen“, so Morlock. Auch Heike Breitenbücher (CDU) plädiert dafür, das „Vorgehen transparent zu gestalten“.

„Die Antwort durch Herrn Trost war uns bekannt, deshalb haben die Fraktionen nicht einzeln reagiert“, sagt auch Martin Mistele (Freie Wähler). Der Mauerdurchbruch sei touristisch sehr attraktiv. „Die Sorgen sind aber nachvollziehbar, gerade wenn man da sein Wohnzimmer hat.“ Es gelte zuzuhören und abzuwägen. „Aber dann, wenn die Mühlen mahlen. Und sie mahlen in diesem Fall sehr langsam.“ Kritisch sieht Mistele die Forderung nach einer Stadtteilversammlung, die er „fast schon als Verhinderungsansatz“ einstuft.

Barbara Eßlinger (Grüne) meint auch, dass Diskussionen erst zu führen seien, wenn der nächste Schritt ansteht. „Dann macht das auch Sinn. Auf welcher Grundlage sollten wir jetzt sprechen? Wir können nicht sagen, ob der erste Platz beim Ideen-Wettbewerb gerechtfertigt ist oder nicht.“

Unverständnis äußern SPD und Puls, dass die Bürgerinitiative die mögliche L 1110-Unterführung kritisiert. Davon seien die Anwohner nicht direkt betroffen.