Die Fläche steht privaten Sprayern ebenso zur Verfügung wie Foto: Werner Kuhnle

Auf der Haltestelle Stadionhalle dürfen Künstler ihre Kunst anbringen.

Marbach - Zum ersten Mal in der Geschichte der Schillerstadt können sich Sprayer ganz legal auf einer Fläche verewigen. Seit gestern Nachmittag bietet der frisch eingeweihte Graffiti-Bus-Stop an der Stadionhalle eine Fläche für Straßenkünstler und jene, die es werden wollen. Die alte Bushaltestelle Stadionhalle ist einer neuen Konstruktion gewichen, die aktuell noch in schlichtem Grau eingefärbt ist. Das soll sich jedoch schnell ändern, denn jeder der Interesse hat, ist eingeladen, die Bushaltestelle zu besprühen. Dabei gibt es zwei Regeln zu befolgen: Übersprühen ist erwünscht, allerdings sollten die Künstler das schwächste Graffiti überdecken und die Sprayer müssen am Ende ihren Müll wieder mitnehmen. „Wir sind schon seit 2015 auf der Suche nach einer legalen Fläche für Sprayer und Jugendliche“, verrät Jugendhausleiter Georg Stenkamp. „In Marbach ist das nun die erste legale Fläche.“

Das Projekt wurde durch eine Spendenaktion bei der Firma AMG in Affalterbach möglich gemacht. Die Mitarbeiter des Automobilunternehmens spenden unter dem Motto „Give a Cent“ den Centbetrag ihres Gehaltes in jedem Monat. Die Summe wird von der Geschäftsführung verdoppelt. Aus diesem Topf finanziert die Firma verschiedene gemeinnützige Projekte. „Wir unterstützen gezielt Gemeinden im direkten Umkreis“, sagte AMG-Geschäftsführer Emmerich Schiller. „Wir entscheiden dreimal im Jahr, was wir finanzieren wollen“, erklärte er das Konzept. „Wir versuchen Projekte zu unterstützen, die zu uns passen. Die Jugend zu fördern liegt uns wirklich am Herzen“, ergänzt der Betriebsratsvorsitzende Ralf Eckstein. Bürgermeister Jan Trost freute sich im Zuge der „Give a Cent“-Aktion über gleich zwei unterstützte Projekte in der Schillerstadt. Für das Elternforum hatte AMG Nähmaschinen gestiftet und nun auch die Bushaltestelle im Wert von 2500  Euro erneuert. „Die alte Haltestelle Stadionhalle war fast eine Ruine“, sagt Bürgermeister Trost. „Schon lange kam da der Gedanke auf, die Stelle aufzuwerten. Als wir von der Give a Cent Aktion erfuhren, haben wir uns direkt beworben und kamen mit gleich zwei Projekten zum Zug. Das freut uns natürlich ganz besonders.“

Die Haltestelle ist zudem ein echtes Gemeinschaftsprojekt. Die Holzverkleidung wurde von Andreas Glock und dem neuform Türenwerk angepasst und an der Bushaltestelle angebracht. Den grauen Anstrich lieferten Schüler der Oskar-Walker-Schule in Ludwigsburg. Unter der Anleitung von Lehrerin Anette Stenkamp schliffen die Schüler des Ausbildungzweiges Maler und Lackierer die Teile ab und verpassten den Holzbrettern sowie den Metallstreben einen durchgängigen Anstrich. „Das war ein sehr spaßiges Projekt, auch wenn die Schüler die Werkstoffe Metall und Holz erst im kommenden Jahr kennenlernen“, kommentierte die Lehrerin.

Die Einweihung am Dienstagnachmittag wäre aber nicht vollkommen gewesen, wenn nicht zumindest einmal ein bisschen Farbe auf die neue Bushaltestelle gekommen wäre. Direkt im Anschluss an die Eröffnung verewigte sich Graffitikünstler Julis Goerlich mit einem Hahnenkopf auf der Haltestelle. „Die Fläche steht natürlich nicht nur privaten Sprayern, sondern auch Kunstkursen und Schul-AGs zur Verfügung“, betont Jugendhausleiter Georg Stenkamp. „Wer ein Foto von seinem Motiv beim Jugendtopf einreicht, kann am Ende sogar etwas gewinnen.“