Marc Jongen hat sich Schillers Geburtsthaus als Treffpunkt ausgesucht. Foto: Factum/Granville

Marc Jongen sieht sich nicht als Hau-Drauf-Politiker, auch wenn im Wahlkampf „auf den Putz gehauen“ werden muss. Der 49-jährige Philosoph will für die AfD in den nächsten Bundestag einziehen.

Marbach - Mit 15 träumte Marc Jongen davon, auf einer Theater- oder Fernsehbühne zu stehen. Dass er einmal Akteur auf der politischen Bühne sein würde, das hat der heute 49-Jährige sich lange Zeit nicht träumen lassen. Obwohl der Bundestagswahlkampf zwischen Franz Josef Strauß und Helmut Schmidt sein politisches Interesse schon als Zwölfjähriger geweckt hat. „Es war das erste große politische Ereignis, das ich mit wachem Geist verfolgt habe“, erzählt Jongen, der am 24. September für die Alternative für Deutschland (AfD) in den Bundestag gewählt werden möchte. Sein Cousin war Fan von Strauß, er selbst stand auf der Seite des Sozialdemokraten. „An Helmut Schmidt hat mich seine souveräne Coolness fasziniert“, sagt er. „Heute würde ich das vielleicht anders sehen.“

Seit 2011 besitzt der gebürtige Südtiroler nicht nur die italienische Staatsbürgerschaft, sondern auch die deutsche. In Südtirol steckten viele in einer Identitätskrise, wüssten nicht wo sie hingehörten, sagt er. Er selbst verortet sich im deutschen Sprach- und Kulturraum.

Das Studium führte Marc Jongen nach Wien. Ein Jahr lang belegte er Seminare im Studiengang Volkswirtschaftlehre, um schließlich doch seiner Leidenschaft zu folgen: der Philosophie. „Mit 16 Jahren habe ich aus der Bibliothek meiner Großmutter ein Werk Schopenhauers herausgenommen. Das hat mich fasziniert“, erinnert er sich. „In dem Alter interessiert man sich für die Grundfragen des Lebens: Woher kommen wir? Wo gehen wir hin?“

Ein berufliches Ziel hatte Jongen als junger Mensch nicht vor Augen. Unbeschwert und unbekümmert sei man damals gewesen. Getragen von dem Glauben, irgendetwas werde sich schon ergeben. Nach dem Studium verdiente er sein Geld zunächst im Journalismus, doch die Arbeit bei der Neuen Südtiroler Tageszeitung sei auch nicht ganz seins gewesen, erzählt er. „Ich wollte zurück an die Uni.“ Seit 2003 ist Marc Jongen wissenschaftlicher Mitarbeiter für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule in Karlsruhe.

Sein Interesse an der Politik habe damals einen distanziert, reflektiert beobachtenden Charakter gehabt, sagt Jongen. Die Eurokrise, in der Deutschland in einer aus seiner Sicht Nacht-und-Nebel-Aktion den Rettungsschirm ausgebreitet habe, habe ihn entsetzt, erinnert sich Jongen. Und als sich dann die AfD formierte, kam eins zum anderen. „In einer bestehenden Partei muss man sich einfügen und einer Doktrin unterordnen, doch ich wollte gestaltend mitwirken.“

Der 49-Jährige ist kein Hau-Drauf-Politiker. Er gilt als Feingeist seiner Partei. Im Wahlkampf muss man auf den Putz hauen und je nach Zuhörer unterschiedliche Register ziehen, das weiß auch Jongen. „Man muss Emotionen wecken, aber die dürfen nicht ins Negative umschlagen. Das Ganze muss ein Niveau haben“, betont er. Er sehe kritisch, was so manches Parteimitglied von sich gebe, erklärt Jongen, einen Grund für einen Parteiausschluss habe er jedoch bislang nicht gesehen, spielt er auf die Diskussion um den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke an. Von Gruppen- und Flügelbildung, so Jongen, halte er wenig. „Meine Stärke ist es, zu vermitteln.“ Am 24. wird seine Partei die drittstärkste werden, davon ist Jongen überzeugt. Ebenso überzeugt wie, dass die Migrationswelle nicht vorüber ist. „Wenn wir nicht gegensteuern, dann ist bald Schluss mit dem Land, das wir kennen, weil wir die vielen kulturfremden Menschen gar nicht integrieren können.“