Foto: Sandra Brock

Erich Hoerler ist seit 25 Jahren Geschäftsführer der Diakonischen Bezirksstelle. Er engagiert sich in der Sozial- und Lebensberatung.

Marbach - Von rein pragmatisch bis zum kompletten Gegenteil. Es ist ein enormes Spannungsfeld, in dem Erich Hoerler arbeitet. Der Geschäftsführer der Diakonischen Bezirksstelle in Marbach begleitet Menschen in vielen Bereichen. Kürzlich hat er sein 25-jähriges Dienstjubiläum gefeiert.

Hoerler, 61 Jahre alt, hat meist mit denjenigen zu tun, „die nicht so viel Geld besitzen“. Zur Sozial- und Lebensberatung in der Diakonischen Bezirksstelle in der Schillerstraße kommen unter anderem Menschen, bei denen es um die Grundsicherung geht, also Menschen, die beispielsweise arbeitssuchend und mit einer Entscheidung des Jobcenters nicht einverstanden sind.

Ein Beispiel: Eine Frau, jenseits der 50, ist arbeitslos geworden, weil ihr Arbeitgeber dicht gemacht hat. Sie arbeitet, seit sie 17 Jahre alt ist, findet aber keinen Job mehr. Ihre Lebensversicherung muss sie jetzt als Vermögen einsetzen. Ändern kann Erich Hoerler das nicht. „Das ist gesetzesgetreu. Aber eine wirklich schwere Nummer. Schließlich hat die Frau darauf vertraut, dass unsere Regierung sagt, man solle privat vorbauen. Jetzt hat sie nichts mehr.“ Was Erich Hoerler in diesem Fall blieb, war die moralische Unterstützung der Frau. „Da muss man die Leute ein Stück weit begleiten.“

In anderen Fällen – oft geht es auch um Mietkosten – kann Erich Hoerler etwas erreichen. Oder zumindest die Betroffenen in die richtige Richtung lenken. Geht es zum Beispiel um einen Widerspruch, der eingelegt werden muss, so gibt er diesen Hinweis und lässt den Betroffenen das Schreiben aber selbst formulieren. „Ich helfe, aber was derjenige selbst machen kann, soll er auch selbst machen. Eigeninitiative ist wichtig. Das ist Hilfe zur Selbsthilfe.“

Auch Rentner kommen zur Sozial- und Lebensberatung der Diakonie. Stichwort Altersarmut. Eine Entwicklung, die Erich Hoerler seit 15 Jahren beobachtet. „Viele Leute geraten an die Grenzen der Grundsicherung, weil sie – rentenrechtlich betrachtet – gebrochene Biografien haben“, weiß der 61-Jährige. Heißt: Der klassische Arbeiter bei Daimler mit guter Rente wird abgelöst von Menschen, deren Arbeitsleben nicht ganz so geradlinig verläuft, was sich entsprechend ungünstig auf die Rente auswirkt.

Ein Thema, das Erich Hoerler schon allein deswegen nahe liegt, weil er seine erste Ausbildung bei der Deutschen Rentenversicherung absolviert hat. Nach Fachhochschule und Universität hatte er zunächst im Kirchenbezirk Tuttlingen gearbeitet, ehe er der Liebe wegen in die Marbacher Gegend kam. In der Diakonischen Bezirksstelle hat er seither die Fäden in der Hand, schließlich bietet die Einrichtung des evangelischen Kirchenbezirks nicht nur Sozial- und Lebensberatung, sondern auch Suchtberatung, Familien-, Paar- und Einzelberatung, Vermittlung von Kuren des Müttergenesungswerks und das Kontaktstüble Marbach an.

Es ist im Wesentlichen praktische Arbeit, die Erich Hoerler macht. „Ich sehe mich als Generalist, nicht als Spezialist, bin sozusagen Verfechter des Hausarztmodells“, sagt er. Nur so könne er Menschen in vielen Bereichen begleiten. Wichtig ist es Erich Hoerler auch zu betonen, dass er sich nicht als Gegner von Gesetzen oder der Verwaltung sieht. Seine Arbeit zeigt ihm aber, dass es manches zu korrigieren gibt. „Das ist ja auch die Aufgabe eines Wohlfahrtverbandes.“

Wirklich freiwillig ist keiner bei ihm, das weiß Erich Hoerler. Deshalb erwartet er auch keinen Dank, auch wenn er helfen konnte. Er nimmt es auf gut Schwäbisch – „nix g’schwätzt, isch g’nue g’lobt.“ Nichtsdestoweniger hat ihn ein Projekt aus der jüngsten Zeit sehr berührt.

Bei einer Aktion, die gemeinsam mit der Kreisdiakonie auf die Beine gestellt wurde, erhalten bedürftige Jungs und Mädchen Schulranzen. „Die Kinder erleben Armut, ohne es zu wissen, und wenn sie einen Schulranzen bekommen, glänzen ihre Augen“, berichtet er. „Da weiß man: Der Einsatz für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen, lohnt sich.“ Das gelte natürlich auch für die Erwachsenen. „Aber bei Kindern sieht man die direkten Zusammenhänge.“