Alexander Fangmann aus dem Blindenfußball-Nationalteam erklärt Fabian Eberhardt (links) und Mick Heuschele die Übung. Foto: Werner Kuhnle

In einem Seminarkurs haben Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums den Blindenfußball kennengelernt.

Marbach - Bevor Mick Heuschele zum Neunmeter antreten kann, klopft Torhüter Philipp Eberle mit einem Schlüssel gegen die Torpfosten. An jeder der vier Ecken ruft er entsprechend „rechts oben“ oder auch „links unten“. Dann stellt er sich in die Tormitte und ruft „Mitte – hier, hier, hier“. Erst jetzt weiß Mick Heuschele, wohin er schießen muss. Denn der Gymnasiast ist gerade blind, eine Augenbinde verhindert seine Sicht. Orientieren kann er sich nur über das Gehör. Und auch mit dem Schuss ist es nicht so einfach getan. Um zu wissen, wo der Ball liegt, muss er ihn stets mit einer Hand berühren. Jetzt geht’s los: Der Ball landet rechts im Tor – freilich ohne, dass Mick es gleich weiß. „War er drin?“, fragt der Schüler. Der Torwart, der beim Blindenfußball als Einziger sehen kann, bejaht.

Die Übung in der Solarhalle am FSG war gestern Teil eines Schülerprojekts, das die fünf fußballbegeisterten Elftklässler Marlon Hafner, Julian Golder, Thorben Bunderla, Lucas Ruiz und Jonathan Klett auf die Beine gestellt haben. Im Rahmen des Seminarkurses Sportsoziologie, in dem sie das Thema „Sport und Behinderung“ behandeln, riefen sie den Tag des Blindenfußballs aus. Elf Schülerinnen und Schüler waren ihrem Aufruf gefolgt, beim zweistündigen Projekt teilzunehmen – keine schlechte Quote an einem Freitagnachmittag.

Sie alle bekamen eine Augenbinde aufgesetzt – und Infos aus erster Hand. Denn mit Alexander Fangmann leitete sie der Kapitän der deutschen Blindenfußball-Nationalmannschaft an. Im Schlepptau hatte er seinen Mitspieler vom MTV Stuttgart, Florian Günther, und eben Keeper Philipp Eberle aus Pleidelsheim.

„Der Blindenfußball schlägt eine Brücke, um den Alltag von Blinden verstehen zu können“, sagt Julian Golder. Und er biete die Möglichkeit, Ängste zu überwinden. Im Zuge der Vorbereitung auf das Projekt hatten die fünf Organisatoren beim mehrfachen Deutschen Meister MTV Stuttgart mittrainiert. „Das ist faszinierend. Es geht mehr über Konzentration und Gehör als über Beinarbeit“, meint Jonathan Klett.

Zur Einführung zeigte das Quintett den Mitschülern einen Film, der die Vorgehensweise im Blindenfußball erläuterte. So ist im Ball eine Rassel, um ihn orten zu können. Zum Erfolg kommt man über gegenseitige Kommunikation, Guides am Spielfeldrand sind dabei behilflich. Für die Spieler ist eine enge Ballführung entscheidend, um zu wissen, wo sich das runde Leder befindet. „Ein Ballverlust ist beim Blindenfußball dramatischer als beim üblichen Fußball“, macht Alexander Fangmann klar.

In den zwei Stunden bekamen die Schüler mit Pass- und Schussübungen, bei denen stets gerufen werden musste, also einen ganz neuen Einblick, wenn auch nicht im wörtlichen Sinn. „Ihr braucht keine Angst vor bestimmtem Vokabular zu haben. Auch wir sprechen immer vom Sehen“, so der blinde Fangmann mit seiner lockeren Art. Eine Art, mit der er den Schülern Berührungsängste schnell genommen hat.