In Berlin gibt es bereits „Urban Gardening“. Foto: dpa

Auf einem Feld am Stadtrand darf jeder, der möchte, etwas pflanzen und ernten.

Marbach - Beim Urban Gardening geht es darum, sich in den Ballungsräumen wieder ein bisschen Natur zurückzuerobern und auf städtischen Flächen Gemüse, Obst und Kräuter anzubauen. Auf dieser Grundidee fußt auch das Prinzip der Mitmachgärten, in denen jeder, der mag, etwas pflanzen oder ernten darf. In mehr als 100 deutschsprachigen Kommunen wurden mittlerweile solche grünen Oasen geschaffen, berichtete Katharina Kubik am Donnerstag im Ausschuss für Umwelt und Technik – die zusammen mit einem größeren Kreis von Mitstreitern diesen Trend nun auch in die Schillerstadt bringen will.

Ein Grundstück dafür hat die Initiative um die studierte Ökolandbauerin nach längerer Suche gefunden: Auf einer 17,5 Ar großen Parzelle südlich des DLA-Collegienhauses und unterhalb des Obstgartens von Schillers Vater soll das Projekt umgesetzt werden. „Wir möchten aber nur mit einem Drittel der Fläche beginnen“, erklärte Andrea von Smercek, die bei der Stadt das bürgerschaftliche Engagement koordiniert. Genutzt werde lediglich die unterste Seite des Terrains am Rotmannsweg. Dadurch werde garantiert, dass der Abstand zu den Anwohnern so groß wie möglich ist und keine Reibungspunkte entstehen. „Was es nicht werden soll, ist ein Freizeitpark oder eine Grillfläche“, betonte von Smercek. Die Fläche sei nur zur Bepflanzung und zur Ernte gedacht. Das gesamte Vorhaben trage sich selbst und werde in Eigenregie abgewickelt. Jeder könne sich einklinken.

Das hob auch Katharina Kubik hervor, die von einem Filmbeitrag über einen Mitmachgarten in Andernach bei Koblenz zu dem Projekt in Marbach inspiriert wurde. Ziel sei, einen Ort der Begegnung, der Teilhabe und der Naturerfahrung zu schaffen. Zudem werde ein Kontrapunkt gegen die zunehmende Privatisierung gesetzt. Angestrebt werde ferner, die Leute für gute Lebensmittel zu sensibilisieren und mit den Gärten das Klima zu verbessern. Außerdem wollen die Ehrenamtlichen einen Beitrag gegen das Artensterben leisten. Auf dem Gelände ist deshalb auch ein Insektenhotel geplant. „Die Gärten sind schlichtweg ein wichtiger Teil für eine lebenswerte und zukunftsfähige Stadt“, sagte Katharina Kubik.

Benno Heidkamp aus der zehnköpfigen Steuerungsgruppe von „Gärten für alle – Essbares Marbach“ erläuterte, wie all das im Detail ablaufen soll. Zu den Grundsätzen zähle, essbare und heimische Pflanzen anzubauen. Giftige Gewächse seien tabu. „Jeder soll ohne Gefahren pflücken können, was dort ist“, betonte der Umweltwissenschaftler. Die Parzellen, auf denen man pflanzen darf, werden kenntlich gemacht. „Bei größeren Aktionen wünschen wir uns Absprachen“, erklärte Benno Heidkamp. Kommuniziert wird über Facebook, man möchte aber auch über die lokale Presse Mitteilungen veröffentlichen. Eine Homepage ist geplant. Der Steinheimer machte keinen Hehl daraus, dass über Nacht vielleicht auch mal alle Erdbeeren abgeerntet werden. „Wir müssen so etwas wie Verteilungsgerechtigkeit anstoßen und hoffen, dass sich in der Gemeinschaft Lösungen ergeben“, sagt er.

Der Spatenstich soll noch in dieser Saison erfolgen. „Auch wenn wir spät dran sind. Aber kleine Sachen wie die ersten Hecken pflanzen kann man schon machen“, sagte er. Das Konzept sieht eine Mischung aus Hochbeeten, Erdbeeten und mehrjährigen Sträuchern vor, wie Katharina Kubik erläuterte. Die Stadträte zeigten sich begeistert von diesen Plänen. „Dadurch kann ein intensiveres Verhältnis zu Nahrung und Natur entstehen“, meinte beispielsweise Hendrik Lüdke von Puls. „Ich drücke die Daumen, dass es klappt“, sagte Jürgen Waser von den Grünen. „Wir hoffen, dass sich die Ziele erfüllen“, erklärte Jochen Biesinger von der CDU. Das wird wohl nur der Fall sein, wenn die Wasserversorgung sichergestellt wird. Das gehöre noch zu den offenen Punkten, räumte Benno Heidkamp ein. Die Pflanzen, die man setzen will, bräuchten zwar wenig Wasser, aber ganz ohne haue es nicht hin. Die Versorgung könne aber über das Collegienhaus, das Stadtarchiv oder das Eichgraben-Bächle gelingen, erläuterte er.