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Ein kurioser Fall ist gestern am Marbacher Amtsgericht verhandelt worden. Eine Arzthelferin „vertauschte“ dabei Daten.

Marbach - Der Vorwurf, den die Staatsanwaltschaft gegen einen 33 Jahre alten gebürtigen Ludwigsburger am Dienstag im Amtsgericht Marbach erhob, wog schwer: Der Vater eines kleinen Kindes soll laut Anklage in mehreren Fällen seit 2014 von seinem Hausarzt verbotene Dopingstoffe aus angeblich medizinischen Zwecken bezogen und diese an einen 38 Jahre alten Mann aus Oberstenfeld verkauft haben. Wer in Deutschland mit Arzneimitteln zu Dopingzwecken handelt, kann nach dem Gesetz mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. In der Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht zeigte sich jedoch ein ganz anderes Bild: Eine als Zeugin geladene Arzthelferin des Hausarztes räumte ein, dass ihr Bruder, jener 38-jährige aus Oberstenfeld, sie eines Tages in der Praxis um ein Rezept für Vitaminampullen bat. Die 29-Jährige kannte den Stoff angeblich nicht, bereitete dennoch ein Rezept vor und geriet dabei ihrer Schilderung zufolge versehentlich in die Patientenakte des Angeklagten. Mit dessen Daten druckte sie das Rezept aus, ließ es vom Hausarzt unterzeichnen und übergab es ihrem Bruder, der es in einer Apotheke einlöste.

„Einmal kann ich mir ja so einen Fehler vorstellen“, wandte sich Richterin Ursula Ziegler-Göller an die junge Mutter, die mit ihrem Kleinkind auf dem Arm in den Zeugenstand trat. Die Staatsanwaltschaft hatte jedoch sechs derartige Vorfälle ermittelt und bei einer Hausdurchsuchung in Oberstenfeld noch drei nicht eingelöste Doping-Rezepte, ebenfalls auf den Namen des Angeklagten ausgestellt, vorgefunden. Die Arzthelferin wollte sich nur an den einen Vorfall erinnern. Gegen sie läuft ein gesondertes Ermittlungsverfahren, ebenso wie gegen den Hausarzt. Gegen die Schilderung der Arzthelferin sprach zudem ein Anruf ihres Bruders bei dem 33 Jahre alten Angeklagten vor einiger Zeit. In dem aufgezeichneten Gespräch entschuldigte sich der 38-Jährige und beteuerte, der Angeklagte habe „nichts mit der Sache zu tun“. Wenig später meldete sich auch noch die Arzthelferin per Nachrichtendienst und bat um Vergebung. Die wollte der Angeklagte allerdings nur gewähren, „wenn sie vor Gericht die ganze Wahrheit erzählt“.

„Es ist mein Verschulden, ich habe gelogen und meine Schwester hat nicht gecheckt, dass es Doping ist“, räumte der 38-Jährige im Gerichtssaal widerstrebend ein. Er ist bereits wegen Dopingbesitzes, das größtenteils – seinen Worten nach – vom Schwarzmarkt und nicht von Rezepten seiner Schwester stammt, zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt worden.

„Ihr Name ist zu Unrecht benutzt worden“, begründete die Richterin den Freispruch für den Angeklagten, der erleichtert das Amtsgericht verließ. Von einer Anzeige gegen das Geschwisterpaar will er absehen: „Ich hoffe, die lernen aus ihren Fehlern.“