Auf der Rollschuhbahn wird ein Flüchtlingsheim gebaut. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Auf der alten Rollschuhbahn wird ein Flüchtlingsheim gebaut. Für wie viele Menschen, ist noch nicht klar

Marbach - Der Druck ist enorm. Das machte der Bürgermeister Jan Trost am Donnerstag im Gemeinderat deutlich. Rund 120 Flüchtlinge müssten im nächsten Jahr aufgenommen werden. Und man habe keine Reserven mehr. Für 2018 müsse deshalb auf alle Fälle eine neue Unterkunft errichtet werden. Doch Flächen seien äußerst knapp, weshalb am Ende bei der Suche nach einem geeigneten Areal im Grunde nur eine Option blieb: die Rollschuhbahn bei der FC Klause. Hier sollen zwei Häuser für insgesamt 96 Personen gebaut werden. Ein Standort, den auch der Gemeinderat einstimmig befürwortete.

Das passt aber nicht allen Bürgern. Ihr Unmut schimmerte auch in der Fragestunde durch. So erkundigte sich ein Mann, wie die Sicherheit der Kinder gewährleistet werde. Eine Frau wollte wissen, ob nicht irgendwo abseits auf einem Feld ein Grundstück für ein Asylbewerberheim gekauft werden könnte. Zudem hakte sie nach, ob die Skaterbahn am Neckar überhaupt genutzt werde. Das interessierte sie deshalb, weil aus der Bürgerschaft der Vorschlag gekommen war, doch hier den Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu bieten – was Räte und Verwaltung aber strikt ablehnten.

Zum einen handele es sich bei der Skaterbahn um eine gemeinsame Anlage von Marbach und Benningen, erklärte Jan Trost. Zum anderen scheide die Fläche aus, weil sie sich in einem Überschwemmungsgebiet befinde. „Am gravierendsten ist aber, dass man einen Abstand von mindestens 20 Metern zur Landesstraße braucht“, erklärte er. Das sei dort nicht einzuhalten. Was mögliche Alternativen zur Rollschuhbahn anbelangt, habe man Grundstücksbesitzer angeschrieben und ihre Bereitschaft abgeklopft, Bauplätze zur Verfügung zu stellen. Doch diese Bemühungen seien ins Leere gelaufen.

Zur Frage nach einer Gefährdung der Kinder meinte Jan Trost, dass die Situation beobachtet werde und „Personen, die nicht zuverlässig erscheinen“, notfalls in andere Unterkünfte umgesiedelt würden. Generell sei es aber wichtig, die Leute zu integrieren, um Probleme zu vermeiden. Das sei durch den Asylkreis und die städtischen Mitarbeiter gewährleistet. „Auf die soziale Betreuung kommt es an. Das ist der Schlüssel, nicht wie viele Menschen in einer Unterkunft sind“, sagte Jan Trost. Er verhehlte jedoch nicht, dass das Heim auf der Rollschuhbahn wohl nicht das letzte sein wird. „Ich denke, wir müssen auch für 2019 und 2020 Standorte suchen. Dann wird es wohl nicht ohne Einschränkungen gehen“, ließ er durchblicken, dass es vielleicht auf unbequeme Lösungen hinausläuft. Sprich: Es könnten Flächen infrage kommen, die bisher anderweitig genutzt werden.

Doch so weit ist es noch nicht. Die ersten Engpässe können mit dem Heim auf der Rollschuhbahn behoben werden. Eine Lösung, für die auch SPD-Chef Ernst Morlock votierte, der die Stimmen nicht nachvollziehen konnte, die nun eine Gefährdungslage heraufbeschwören. „Das ist unlauter“, stellte er fest. Hunderte Schüler spazierten täglich an der Unterkunft im ehemaligen Art-Hotel vorbei. „Und uns ist nicht ein Fall genannt worden, der Grund zur Besorgnis geben würde“, betonte Ernst Morlock. Auch Dr. Michael Herzog von den Freien Wählern plädierte dafür, vorurteilsfrei auf die hier Schutz suchenden Menschen zuzugehen. „Die Befürchtung mancher Eltern, sie könnten ihre Kinder entlang der Unterkunft nicht mehr alleine nach Hause gehen lassen, suggeriert ja den Verdacht, dass sich Flüchtlinge, in welcher Form auch immer, an denen vergreifen.“ Diese Gedanken seien von „bösen Unterstellungen geprägt“, erklärte er. „Sind denn diese Menschen eine Gefahr für andere? Wir teilen dieses Weltbild nicht. Unsere Grundeinstellung und unsere Empathie verlangt ein solidarisches Verhalten gegenüber Flüchtlingen“, ärgerte sich auch Hendrik Lüdke von Puls über die ablehnende Haltung einiger Bürger. Heike Breitenbücher (CDU) mahnte ebenfalls Respekt vor allen anderen Menschen an. Zudem solle man bei der Verteilung der Flüchtlinge solidarisch und nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip vorgehen. „Lassen Sie uns den Menschen nur eine Chance geben“, forderte Sebastian Engelmann von den Grünen. Kinder seien überall etwas Besonderes, also auch in den Herkunftsländern der Flüchtlinge. Er gab den Kritikern zudem etwas zum Nachdenken mit auf den Heimweg: Wie es sich wohl anfühlt, wenn man selbst fliehen muss und einem ungesehen unterstellt wird, man sei eine Gefahr für Kinder.