„Schnitt“ – nach dem Signal, dass die Kamera aus ist, besprechen die Kinder, was an der letzten Aufnahme gut war und was verbessert werden kann. Noch ahnt Reporterin Victoria Gründlich (Silvia, die in einer Doppelrolle auch Frau Schreck spielt) nichts von der Gefahr, die sich hinter ihr aufbaut. Foto: Dominik Thewes

Teilnehmer der Filmgruppe der Hector-Kinderakademie drehen einen Thriller.

Marbach - Manchmal werden Jobs beim Film ganz praktisch vergeben. „Wer angelt den Ton?“, will Regisseurin und Mentorin Sabine Willmann von den Kindern der Filmgruppe der Hector-Kinderakademie an der Grundschule Marbach wissen. Schon schnellt Lucas Finger nach oben. „Ich habe die kräftigsten Arme“, sagt der Neunjährige selbstbewusst und spannt zum Beweis die Muckis an.

Es geht gerecht zu zwischen den acht Jungen und Mädchen zwischen neun und zehn Jahren, die sich am Freitag in den Räumen der Marbacher Zeitung eingefunden haben, um eine Szene für ihren Film „Der Klau der Diamanten“ zu drehen. So darf Sophia zuerst an die Kamera, denn sie hat schon an den letzten beiden Drehtagen zurückgesteckt, Helena hat an diesem bereits vorletzten Aufnahmetag die Regie.

Gedreht wird Szene vier. Bereits im Kasten sind die Szenen eins, drei, sechs und sieben. Noch vor wenigen Wochen war es für die Kinder eine Überraschung, dass ein Film nicht notwendigerweise der Reihe nach abgedreht wird. Heute antworten sie ganz professionell: „Wenn ein Szenenbild eingerichtet ist, werden alle Aufnahmen, die dort spielen, sofort gedreht“, erklärt Sophia. So habe man letztens ein Klassenzimmer in ein richtiges Wohnzimmer vewandelt. „Dazu haben die Eltern der Kinder sogar Möbel von zuhause mitgebracht“, berichtet Sabine Willmann. Verständlich, dass die das nicht jede Woche machen wollen. Also sind alle Szenen, die darin spielen, auf einmal erledigt worden.

Was vor allem für die Schauspieler eine Herausforderung ist. „Denn sie müssen sich Gefühle wie Angst oder Wut merken und das dann darstellen“, weiß Noah. Manches Mal müssen die Schauspieler auch über ihren eigenen Schatten springen. Dann etwa, wenn sie keine Waffen mögen und doch zur Pistole greifen müssen. Denn am heutigen Drehtag steht eine verzwickte Szene an. Emma Schreck, gespielt von Silvia, hat als Chefin ihre Diebe Selina Schlitzohr (Mia), Levi Langfinger (Jonathan) und Rico Rasch (Jano) beauftragt, an die Adresse der reichen Anna Blaukäppchen (Sophia) heranzukommen. In deren Wohnhaus sollen sie die berühmten Steine klauen. Nur gut, dass Reporterin Victoria Gründlich (Silvia) erst vor kurzem ein Interview mit Frau Blaukäppchen geführt hat. Sollte es gelingen, Frau Gründlich zu entführen, lässt sich sicher die Adresse von Frau Blaukäppchen erpressen. Als die Diebe auf der Suche nach ihrem Entführungsopfer durch die Redaktionsräume laufen, bekommen sie ausgerechnet vom Redaktionsleiter (gespielt von Sportredakteur Lars Laucke) den wichtigen Hinweis nach dem Aufenthaltsort von Frau Gründlich.

„Die Kinder lernen während der Hector-Kinderakademie alle Berufe kennen, die zur Herstellung eines Films notwendig sind“, sagt Sabine Willmann. Und auch, „dass jeder wichtig ist, damit ein Film gut wird“. Denn die beste Hauptrolle sei nichts wert, wenn etwa der Tonmann seinen Job nicht ordentlich mache.

Doch da gibt es an diesem Drehtag nichts zu beanstanden. Luca hat tatsächlich kräftige Arme und hält die Mikrofonangel genau dahin, wo sie auch hingehört.

An diesem Samstag ist schon der letzte Drehtag und zugleich der erste Studiotag. „Wir schneiden eine Szene exemplarisch gemeinsam“, erklärt Sabine Willmann. So lernen die Kinder, wie die Schnittfrequenz einem Film Tempo gibt oder ihn eben auch entschleunigen kann.

Den Rest wird die in Marbach lebende Regisseurin selbst zu Ende schneiden. Gemeinsam mit einer Bildergalerie von den Drehtagen wird der Streifen dann auf DVD gebrannt, die die Kinder am Ende bekommen und in ihren jeweiligen Klassen – die Teilnehmer der Hector-Kinderakademie sind hochbegabte Schüler aus den Grundschulen im gesamten Kreisgebiet – werden die Filme dann angeschaut. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja irgendwann ein Festival in Marbach. „Das wünsche ich mir schon lange, dass die Filme, die in der Hector-Kinderakademie an der Marbacher Grundschule entstanden sind, ihr Publikum finden“, so Sabine Willmann.