Die Vernissage in der Kiche hat viele Besucher angelockt. Foto: Werner Kuhnle

Donar Rau stellt unter anderem in der Alexanderkirche aus. Auch in der Wendelinskapelle zeigt er seine Werke.

Marbach - Im Mittelpunkt dieser irritierenden und seitens der Kirche sehr mutigen Ausstellung steht ein echter, knöcherner Totenschädel. Donar Rau, der sich intensiv mit dem Werk des Philosophen Martin Heideggers beschäftigte, bekam ihn einst geschenkt. Unterschiedliches hat der Fotograf damit versucht. Rau hat ihn auf das Gitter eines Gasherdes gelegt, mal mit, mal ohne grünen Kopfsalat. Er hat ihn lebenden Gesichtern, teils gekrönt mit der immer gleichen, künstlich-silberlockigen Perücke beigesellt. Auf einem dieser Bilder, „Madeleine with skull“ betitelt, ist dieser skull, der Schädel, gar nicht zu sehen.

Am meisten fallen zwei andere Anordnungen ins Auge. Auf der einen hält der schwarze Tänzer Ismael Ivo den Schädel in entspanntem Ernst neben seinem Kopf. Rau hat dabei auch die Vitalität von Ivos Körper im Visier. Auf dem anderen Bild wird der Schädel von einem Mann innig, wie ein Baby, an der Wange gehalten, über die, kaum sichtbar, eine Träne läuft. Dieses Foto lehnt auf dem Chorgestühl rechts vor dem Altarraum, direkt neben einem Gemälde mit der Kreuzigung.

Abgesehen von einer zweiten, verspielten Anordnung des gleichen Bildes in einer halb geöffneten Truhe, in der sich zudem Schuhe, Wäsche, Rosen, ein Gebiss befinden, herrscht in dieser Ausstellung die Reduktion vor, sowohl motivisch als auch die Zahl der Bilder betreffend.

In umgekehrtem Verhältnis stand dazu eine ungewöhnlich üppige Vernissage am Pfingstsonntagnachmittag. Krönender Höhepunkt war ein Tanz der Ballettschule Boos. Vier junge Frauen in weißen Kleidern arbeiten sich in expressiven Bewegungen vom Mittelgang nach vorne. Eine Frau in Schwarz schreitet durch sie hindurch, an ihnen vorbei, ihnen voran, um sie im weiteren Tanz zur Renaissance-Musik sachte zu beugen. Der Benninger Tanzstudent Kevin Reindl, der in Frankfurt Tanz studiert, hat diese spannungsvolle Choreografie mit dem sinnigen Titel „überGang“ geschaffen.

Rainer Köpf, aus Marbach stammender, in Beutelsbach wirkender Pfarrer, setzte einen humorigen Kontrapunkt. Von der Aussage „Kunst kann man nicht erklären“ fühle er sich „kolossal entlastet“. Er gab aber wenigstens seine persönliche „Überschrift“ zur Ausstellung kund: „Sich gewöhnen an den Tod“. Früher sei das „memento mori“, das Gedenken an die Sterblichkeit, viel mehr im Alltag verwurzelt gewesen als heute. Zur Hochzeit hätten die Brautleute zwei Särge bekommen, illustrierte er seine Aussage.

Die Geschichte des Bildes als Mittel der Verkündigung streifte Dekan Heinz-Werner Neudorfer. Er freute sich über den Zufall, dass die evangelische Kirche das Jahr 2015, im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017, unter das Motto „Bibel und Bild“ gestellt hat. Und er verwies auf den baldigen Kirchentag mit dem Motto „Damit wir klug werden“. Das habe viel mit dem Tod zu tun.

Ein bisschen zuviel des Guten waren die teils von der elektronischen Musik übertönten Gospels von Junior Robinson. Einen hervorragenden Rahmen indes gaben die einsamen Stücke von Jean Langlais, wie Kirchenmusikdirektor Hermann Toursel sie auf der Orgel spielte.