Foto: Sandra Brock

Margot Walz hat das Lokal auf ihre ganz persönliche Art geführt. Eine Nachfolger ist noch nicht gefunden.

Marbach - Ihr Rostbraten war legendär – und sie hat ihn hungrigen Gästen auch noch spät abends zubereitet. Jetzt sperrt Margot Walz ihren Kachelofen zu. Alters- und gesundheitshalber hängt die Chefin des kleinen Lokals an der Schwabstraße die Kochschürze an den Nagel – nach 23 Jahren. Im Jahr 1991 wurde Margot Walz Pächterin des Kachelofens. Was damals gar nicht so einfach war, denn sie hatte 138 Mitbewerber.

Aber für Margot Walz musste es der Kachelofen in Marbach sein. Sie wollte kein anderes Lokal. Als sie das Okay vom Verpächter bekam, staunte der nicht schlecht, als Margot Walz ihre Vorarbeit präsentierte. „Von der Klobürste bis zum Küchenmesserle“ hatte sie bereits alles aufgelistet, was sie für ihren Kachelofen brauchte.

Wie das kleine Lokal werden sollte, davon hatte sie eine genaue Vorstellung. „Keine Kneipe“, das war ihr ganz wichtig. „Ich wollte schon ein bisschen Niveau. Deshalb hat es bei mir nie eine Halbe gegeben“, berichtet sie. So wie ein DJ über die Musik sein Publikum steuere, habe sie es über die Bierauswahl getan.

Margot Walz hatte einen guten Start – und schon bald eine Menge Stammkunden. Kein Wunder, denn sie ist gerade den Vereinen immer entgegengekommen. So hat der Liederkranz am Donnerstag immer noch seine Gulaschsuppe, Käse- und Rauchfleischbrote bekommen. Oder die Badmintonspieler montags ihre selbst gemachten Fleischküchle. Auch zeitlich war für die Wirtin vieles selbstverständlich, was anderswo nicht möglich ist. Rostbraten und Co. hat es für die Stammkunden auch noch zu später Stunde gegeben. Manch ein Stammtisch begann erst um 22 Uhr. Margot Walz’ Augen leuchten, wenn sie von ihren Stammgästen spricht. „Da könnte man ein Buch schreiben“, sagt sie. „Allein schon, wie die ganzen Stammtische zustande gekommen sind . . .“ Der Mo-Sta-Ti zum Beispiel. Der Montagsstammtisch. 22 Jahre ist es her, dass ein Häuflein 16-Jähriger mit ihren Mofas vor dem Kachelofen angehalten haben, hereinkamen und schüchtern anfragten, ob sie sich hier zum Stammtisch treffen können. „Meine Buben“ hat sie Margot Walz immer genannt. Die Buben sind inzwischen verheiratet und Väter geworden. Zum Stammtisch kamen sie weiterhin – und Margot Walz’ Buben sind es geblieben. Herzlichkeit und Offenheit waren der Kachelofen-Chefin immer wichtig. Aber auch klare Worte. Einen unliebsamen Gast hat sie einmal nach Hause geschickt, nachdem ihm das Essen an einem rappelvollen Freitagabend nicht schnell genug kam. „Ich bin doch kein McDonald’s“, stellte Margot Walz klar. „So einer braucht meinen Gästen nicht den Platz wegnehmen.“

Überhaupt, ihr Essen. „Aufwändige, schwäbische Küche“, hat Margot Walz angeboten. Neben dem besagten Rostbraten, Leberkäs, Kässpätzle, Maultaschen, Knödel, Bratkartoffeln . . . Alles selbst gemacht, außer die Maultaschen. Gekocht hat sie gern mitten in der Nacht, nachdem die Gäste weg waren.

Weil sie in der Küche eingespannt war, hat die Kachelofen-Chefin an einigen Abenden nicht viel mitbekommen, was im Lokal so lief. An ruhigeren Abenden hat sie sich aber gern zu ihren Gästen dazugesetzt und ein bisschen geschwätzt. Was in Marbach los war, wusste sie immer. Oft auch vor den anderen.

Diese Ansprache, die Menschen, sie werden Margot Walz fehlen, da ist sie sich ganz sicher. Aber es geht gesundheitlich nicht mehr, sagt die 65-Jährige. Sie ist überzeugt davon, dass es ihr im wohlverdienten Ruhestand nicht langweilig wird. „Mein Partner und ich ziehen nach Hof und Lembach“, berichtet sie. „Dort haben wir einen großen Garten.“ Außerdem gibt es noch jede Menge zu tun. Dieser Tage ist die Kachelofen-Wirtin noch am Ausräumen, das Geschirr und die Gläser gingen an einige Vereine, im September wird der Kachelofen renoviert für den neuen Pächter. Den gibt es allerdings noch nicht. „Leider“, sagt Margot Walz. Sie hätte ihren Kachelofen gern in guten Händen gewusst. „Nach so vielen Jahren geht man nicht einfach so“, sagt sie. „Es war wie in einer Familie mit allen Höhen und Tiefen“, blickt sie auf die 23 Jahre zurück. Ihr Dank gilt ihren Gästen „für die vielen Jahre – das ist nicht selbstverständlich“.