Gut besuchte Ausstellungseröffnung. Foto: Chris Korner, DLA Marbach

Die neue Dauerausstellung „Die Seele“ im Limo ist gestern eröffnet worden. Viele Interessierte kamen zu der Veranstaltung auf die Schillerhöhe.

Marbach - Die digitale Komponente, die in Form einer App als Zusatz in die Ausstellung eingeflossen ist, hält Martin Roth für die große Zukunft überhaupt. Der Generaldirektor des Viktoria and Albert Museums London sagte am Sonntag im gut gefüllten Berthold Leibinger-Auditorium: „So geht es nicht mehr weiter mit den Museen . Wir müssen unsere Bestände anders zugänglich machen“. Er schwärmte von den technischen Möglichkeiten, die es heute dafür gibt. Zum einen könnten via Internet auch die im Durchschnitt 85 Prozent der Schätze, die aus Platzmangel nicht in Vitrinen glänzen, sondern „im Keller“ lagern, dem Publikum gezeigt werden. Zum andern erlaube es den weltweiten Austausch.

Roth findet, dass Museen heute sofort auf das reagieren sollten, was aktuell „draußen passiert“. So ist es beispielsweise sein Wunsch, vor dem Hintergrund des Krieges in Syrien die traditionell große syrische Sammlung seines Hauses ohne Zeitverzug nutzbar zu machen. Derzeit dauere das Wochen.

Die neue Marbacher App – ein Programm für mobile Medien – enthält erweiterte Texte zu den 280 Exponaten im Hauptraum des Literaturmuseums der Moderne. Mit ihr kann zudem nach weiteren Objekten, Autoren und Themen, auch aus dem benachbarten Schillernationalmuseum, „virtuell gestöbert“ werden. Und schließlich ist sie für die Museumsmacher ein „ideales Instrument“, um mit Teilen des ständig wachsenden Bestands im Deutschen Literaturachriv (DLA) ein „virtuelles Museum des 21. Jahrhunderts“ wachsen zu lassen.

Es ist nicht nur diese digitale Dimension, die Kurt W. Forster die diskursive Qualität der Ausstellung bewundern lässt. Eine Logik zu suchen, um die Fülle an Literatur, das „vielschichtige und verschlungene Dickicht“ zu präsentieren, sei vergeblich. Die Kuratoren, allen voran Heike Gfreireis, haben laut Forster deshalb gut daran getan, die Zeit als einzige ordnende Autorität zu setzen. Alles andere werde in Frage gestellt, was die große Tugend sei. Ein dünner Faden, der Bruchstücke zusammen halte, werde ausgeworfen. Jeder könne frei daran entlang schwimmen. Die Dinge würden nicht dekorativ festgenagelt, sondern umgestülpt, entblättert. So werde aus den Flözen der Literaturgeschichte etwas ans Licht gebracht und eine von möglichen Hypothesen über die Literatur des 20. Jahrhunderts gewoben. Auf die Frage von Martin Roth, ob dies die letzte Dauerausstellung sei, wollten Museumsleitern Heike Gfrereis und DLA-Ulrich Raulff keine Antwort geben.

Als vor genau neun Jahren das Literaturmuseum der Moderne eröffnet wurde, hatte Gfrereis jedenfalls noch keine Änderung der Kernausstellung im Sinn. Auslöser der Erneuerung war eine nicht mehr funktionierende Technik. Der Audioguide M 3 als maßgeblicher Ausstellungsführer kann nicht mehr repariert werden kann.

Immerhin konnte die Eröffnung jetzt als Höhepunkt im 60. Geburtsjahr des DLA gefeiert werden. Für dieses gab es ein unerwartetes Kompliment. Auf Raulffs Frage nach den größeren Chancen eines Museums mit verschiedenartigen Objekten im Gegensatz zum reinen Literaturmuseum, sagte Martin Roth: „Eure Einflugschneise ist zwar schmaler, dafür aber viel tiefgreifender.“