Torben Nielsen ist am Mittwoch mit seinem Rad auf dem Marbacher Wochenmarkt gewesen. Foto: Werner Kuhnle

Torben Nielsen ist mit dem Rad von Athen nach Marbach gefahren. Begonnen hat das Abenteuer für ihn am 30. Mai.

Marbach - Was macht ein gebürtiger Däne, der seit rund 27 Jahren in Griechenland lebt, mit dem Fahrrad in Marbach? Die Antwort ist einfach: Er besucht seine Tochter Danai, die seit geraumer Zeit in der Schillerstadt lebt und die als Papierkünstlerin auf sich aufmerksam macht. Doch das allein ist nur die halbe Wahrheit. Torben Nielsen erfüllt sich mit der Radtour von Athen nach Marbach und wieder zurück, einen lang gehegten Traum, der schon 1985 begann zu reifen.

Dazu musste er jedoch zunächst seinen Arbeitgeber überzeugen, ihm vier Monate am Stück freizugeben. Ein Wagnis in dem wirtschaftlich gebeutelten Land, wie Nielsen freimütig zugibt. „Doch ich musste das unbedingt machen“, erklärt der Reisende die eigene Hartnäckigkeit, seinen Wunsch umzusetzen. Die Wirtschaftskrise hatte ihm erst drei Jahre zuvor den Arbeitsplatz gekostet. Die Verzweiflung, existenziell an Boden zu verlieren, brachte ihn daraufhin für drei Monate in sein Heimatland zurück, wo er in Kopenhagen Geld verdiente. „Doch länger habe ich es nicht ausgehalten.“ Der beginnende Winter und die Sehnsucht nach der Ehefrau und dem sonnigen Land, haben ihn schwermütig gemacht. Torben Nielsen flog im Januar 2016 zurück nach Athen und fand dort bald darauf wieder Arbeit.

Am 30. Mai diesen Jahres startete er sein persönliches Abenteuer: Mit dem Fahrrad ging er auf eine Übersee-Reise, die ihn von Athen über Nordgriechenland und mit dem Schiff nach Brindisi, schließlich in die Schillerstadt brachte. Im persönlichen Gespräch verdeutlicht der freundliche und in sich ruhende Mann in sprudelndem Englisch seinen Entschluss, fortan die eigenen Träume umzusetzen. Gerade die Erfahrungen in Kopenhagen hätten ihn darin bestärkt, „so zu leben, wie ich mich fühle“. Und das bedeute auch, „weg von der Routine“. Er sei sehr froh, dass seine Frau Anastasia das akzeptiere.

In Italien angekommen, erfuhr Nielsen vom Tod seines Vaters. „Kein plötzlicher, wir haben seit Längerem damit gerechnet“, so der Sohn, der seine Schwester um die Verschiebung der Beerdigung bat. Er fuhr weiter zum Comer See und zum Splügenpass, um anstelle des Vaters dort zu sein. „Es war sein großer Wunsch in die Berge zu gehen.“

Die Zeit auf der Strecke allein mit seinem Rad ist für Torben Nielsen eine ganz besondere. „Es ist unglaublich“ schwärmt er von dem Gefühl und der Tatsache, all seine Sinne daran beteiligt zu wissen, wenn er mit dem Rad unterwegs ist. Zwar sei es gerade auf Bergstrecken sehr anstrengend, die 45 Kilo zu stemmen, er sei aber immer wieder überrascht davon, wie rasch sich dort die Landschaft verändere. Dass dies manchmal auch ganz schön herausfordernd sein kann, beschreibt er mit einem Abenteuer, das ihn durch Italiens kleine Tunnel geführt hat. „Oft sind diese unbeleuchtet und als ich einmal herauskam, hat es stark geregnet und Fledermäuse sind um mich herum geschwirrt. Das war richtig unheimlich“, sagt der durchtrainierte Radler, der bislang keine Probleme mit seinen Muskeln hatte.

Nielsen liebt die meditative Komponente des Radelns, die ihn ungestört die Dinge um ihn herum betrachten lässt. Und mit jedem Kilometer sammelt der 53-Jährige auch Erkenntnisse und Weisheit. Etwa, dass sich die Probleme rasch auf das Wesentliche reduzieren: „Wo schlafe ich, was esse ich, wo fahre ich morgen hin?“ Eine Lebensweise, die ihn nicht allzu viel in die Zukunft blicken und stattdessen im Hier und Jetzt leben lässt. Übernachten kann der Radler oft bei Gleichgesinnten. Nielsen nutzt den Service von „Warm Showers“ – eine Gemeinschaft, die kostenfreien, weltweiten Gastfreundschafts-Austausch für Tourenradler bietet. Da hat er auch die Möglichkeit, sich auszutauschen. „Doch ich lerne auch sonst überall viele Leute kennen.“ Und natürlich hält der Radler seine unzähligen Eindrücke in Form von Fotos fest. Oft werde er gefragt, warum er alleine reise. Lachend sagt Nielsen dazu: „In Griechenland gibt es nicht viele, die zu so einem Rad-Abenteuer bereit wären.“ Weiter geht es für den dänischen Griechen nun nach Blaubeuren, Illertissen und Innsbruck. Von dort aus möchte er Slowenien und Kroatien ansteuern.